Wer an die Digitalisierung denkt, bringt damit meist eher die städtischen Ballungszentren in Verbindung. So fallen unter „Smart City“ verschiedene Maßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität und Standortattraktivität von urbanen Räumen. Doch auch außerhalb der großen Städte bietet der Einsatz digitaler Technologien große Potenziale. Unter dem Schlüsselbegriff „Smart Regions“ werden Geschäftsmodelle und digitale Plattformen entwickelt, die speziell auf den Bedarf von ländlichen und kleinstädtischen Kommunen und Regionen zugeschnitten sind.

Besseres Leben und Arbeiten dank digitaler Plattformen und Innovationsräume

Die zunehmende Urbanisierung der vergangenen Jahrzehnte hatte durch den Wegzug vieler Menschen aus den ländlichen Regionen unter anderem die Schließung lokaler Ladengeschäfte zur Folge. Somit fehlt es heute in vielen kleineren Kommunen innerorts an Läden des täglichen Bedarfs wie Supermärkten oder Drogerien. Diese sind heute oft einige Kilometer am Ortsrand oder sogar erst in der nächsten Stadt vertreten und daher oft nur mit dem Auto erreichbar. Gleichzeitig konzentrieren sich die großen Lebensmittellieferdienste noch immer ausschließlich auf große Ballungszentren, da sich die Lieferung in weniger dicht besiedelte Regionen für sie meist nicht rentiert. Das bedeutet insbesondere für ältere sowie andere in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen im Alltag eine große Herausforderung.

Eine Lösung können hier sogenannte digitale Logistiknetzwerke bieten. Dabei können Kunden über eine online Plattform – etwa in Form einer App – Waren bei lokalen Einzelhändlern bestellen. Freiwillige, die  ebenfalls über die Plattform miteinander verknüpft sind, liefern diese dann den Bestellern direkt nach Hause. Der „Lieferant“ erhält im Gegenzug zum Beispiel einen Anteil der Liefergebühr als Provision oder einen Einkaufsgutschein des jeweiligen Supermarktes. Realisiert wird dieses Konzept beispielsweise in der Plattform „Digitale Dörfer“ des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE. Es zeigt die Möglichkeiten, wie eine intelligente Verknüpfung der Nahversorgung mit dem Handel die Wirtschaft in der Region stärken kann. Auch in anderen Bereichen wie der medizinischen Betreuung oder der Energieversorgung können digitale Plattformen das Versorgungsangebot, die wirtschaftliche Attraktivität und die Infrastruktur weiter verbessern: So werden beispielsweise um Patienten und Ärzte direkt miteinander zu vernetzt oder um ein lokaler Stromhandel mit Nachbarn ermöglicht.

Neben der Nahversorgung zielt das Konzept der Smart Regions ebenfalls darauf ab, die Arbeitsperspektiven auf dem Land zu verbessern. Etwa mit neuen Formen der Arbeitsorganisation, wie zum Beispiel Co-Working-Spaces oder Maker Spaces. Hierbei handelt es sich um Räumlichkeiten, in denen Menschen gemeinsam Projekte realisieren und den Büroraum oder digitale Technologien miteinander teilen. Kommunen und kleine Städte haben dadurch die Möglichkeit, ihre regionale Innovationskultur zu verbessern.

Smart Regions in den Digitalisierungsplänen der Bundesregierung

Da in Deutschland trotz fortschreitender Urbanisierung rund zwei Drittel der Bevölkerung in ländlichen Räumen leben, spielen diese Regionen in den Digitalisierungsplänen der Bundesregierung eine wichtige Rolle. Zahlreiche Förderprogramme und Initiativen, wie zum Beispiel das Programm „Land.Digital: Chancen der Digitalisierung für ländliche Räume“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, die Initiative Stadt.Land.Digital oder das Technologieprogramm „Smart Service Welten“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, sollen die Entwicklung von digitalen Plattformen für ländliche Gebiete fördern. 

Starkes Engagement von Baden-Württemberg bei „Smart Regions“

Auch das Land Baden-Württemberg engagiert sich beim Thema Smart Regions und hat dafür unter anderem 2017 den Wettbewerb „digitale zukunftskommune@bw“ ausgerufen. Die Gewinner Karlsruhe, Ludwigsburg und Ulm sowie ein Verbund um die Landkreise Biberach, Böblingen, Karlsruhe, Konstanz und Tuttlingen werden in den kommenden Jahren zu Zukunftskommunen ausgebaut und dafür verschiedene Digitalprojekte umsetzen. Darüber hinaus werden 50 weitere Kommunen auf ihrem Weg ins digitale Zeitalter unterstützt. Insgesamt investiert das Land dafür 7,6 Millionen Euro.

Auch der landesweite Ideenwettbewerb „Digitale Zukunftsdörfer@bw” zielt auf den Erhalt der Zukunftsfähigkeit der Kommunen ab. In dem Wettbewerb werden drei ländlich geprägte Gemeinden in unterschiedlichen Regionen ausgewählt, in denen das Angebot des lokalen Einzelhandels mithilfe einer App online gebündelt verfügbar gemacht wird. Einen weiteren wichtigen Angelpunkt in den Aktivitäten des Landes stellt auch die landesweite und ressortübergreifende Digitalisierungsstrategie „digital@bw“ dar.