Usability und User Experience sind Schlüsselfaktoren, die darüber entscheiden, ob sich ein Produkt auf dem Markt behauptet. Das gilt für Software ebenso wie für Webseiten, digitale Dienstleistungen oder interaktive Produkte. Während Großunternehmen sich längst eigene Usability-Abteilungen leisten, stecken kleine und mittlere Unternehmen jedoch meist nur zögerlich Ressourcen in diesen Bereich. Dabei kann sich gerade der Mittelstand durch gute Usability und User Experience Vorteile im Markt verschaffen.

Die drei Dimensionen der Usability

Das deutsche Wort für Usability ist „Gebrauchstauglichkeit“ oder „Benutzerfreundlichkeit“. Üblich ist jedoch auch im deutschsprachigen Raum die Verwendung des englischen Ausdrucks. Erfasst wird Usability über drei Dimensionen:

  1. Effektivität – erreicht der Benutzer eines Produkts, einer Software oder einer digitalen Dienstleistung seine Ziele?
  2. Effizienz– wie aufwändig ist es für den User, mit dem Produkt seine Ziele zu erreichen?
  3. Zufriedenheit– fühlt sich der User mit dem Produkt bzw. der Dienstleistung subjektiv wohl?

Gerade in Marktsegmenten, wo konkurrierende Unternehmen Produkte von sehr ähnlicher Funktionalität anbieten, ist bei der Kaufentscheidung letztlich entscheidend, welches Produkt der Kunde am meisten mag. Eine Firma wie Apple hat bereits vor Jahrzehnten gezeigt, dass nicht allein die Effizienz eines Produkts zum Kauf führt. Fühlen sich Kunden mit einem Produkt wohl, schafft das ein Alleinstellungsmerkmal und sorgt für zusätzliche Kaufimpulse. Aus dem Trend des „Joy of Use“ entwickelte die Usability-Szene den moderneren Begriff der „User Experience“, kurz UX oder auf Deutsch das „Nutzererleben“.

Kundenbindung durch positive User-Experience

Ziel der User-Experience ist es, dem Benutzer bei der Interaktion mit dem Produkt oder dem Service ein positives Erlebnis zu vermitteln. UX will über die reine Funktionalität und Leistung eines Produkts hinaus, beim Nutzer gezielt Emotionen auslösen, seine Erwartungen übertreffen und so zu einer positiven Wahrnehmung der Marke führen. Um das zu erreichen, werden psychische Grundbedürfnisse angesprochen wie beispielsweise das Bedürfnis nach Sicherheit, nach Bedeutung und sozialer Anerkennung, nach Verbundenheit mit anderen oder das Streben nach Autonomie.

Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung von UX ist die Webseite von Airbnb. Die Eingabemaske empfiehlt den Anbietern nicht nur mit ihrer Wohnung zu werben, sondern auch die Nachbarschaft zu beschreiben und Tipps für Unternehmungen zu geben. Damit spielt Airbnb sowohl auf die Grundbedürfnisse der Verbundenheit mit anderen an („du wirst Teil der Nachbarschaft sein“) als auch auf das Streben nach Autonomie an („du kannst die neue Umgebung auf eigene Faust entdecken“). Umgekehrt sollen die Suchenden, dem Gastgeber etwas über sich preisgeben, was Bezug nimmt auf das Bedürfnis Sicherheit („wir wissen voneinander, können uns vertrauen“) und soziale Anerkennung („wir sind uns sympathisch, gehören zu einer Gemeinschaft“).

Usability und User Experience erfordern das Fachwissen verschiedener Disziplinen

Wie für die technische Umsetzung ist auch für die benutzerfreundliche Gestaltung der Benutzeroberfläche und für die Planung und Umsetzung einer positiven Erfahrung in der Interaktion handwerkliches Grundwissen gefragt. Kriterien zur benutzerfreundlichen Umsetzung eines interaktiven Systems sind in der Normenreihe DIN EN ISO 9241 ausgeführt, die international als Standard gilt. Ein interaktives Produkt oder eine Anwendung soll der Aufgabe angemessen, selbstbeschreibend, steuerbar, erwartungskonform, fehlertolerant, individualisierbar und lernförderlich sein.

Die Entwicklung eines Produkts oder einer Dienstleistung, die diesen Kriterien entspricht, erfordert interdisziplinäreres Arbeiten:

  • Psychologen sind Experten für das sogenannte Usability Testing. Dabei wird durch Befragung und/oder Beobachtung evaluiert, wie ein Produkt bei der zukünftigen Nutzergruppe ankommt bzw. was es braucht, damit es von der Zielgruppe angenommen wird.
  • Informatiker tragen im Usability Engineering die technischen Grundlagen zur benutzerfreundlichen Umsetzung beispielsweise einer Software bei.
  • Designer bringen ihre Gestaltungskompetenz mit ein und stellen im User-Centered Design die Bedürfnisse der Benutzer in den Mittelpunkt. Sie kennen Best-Practice-Lösungen für die Gestaltung der Benutzeroberfläche.

Wie erreicht man nun eine gute Usability?

Je nach Entwicklungsphase, Produkt, Funktionalität oder Zielgruppe gibt es verschiedene Methoden, um eine gute Usability sicherzustellen. Grundsätzlich gilt, dass diese Methoden jeweils möglichst früh eingesetzt werden sollten. Eines der vielen Verfahren ist der Cognitive Walkthrough. Der Usability-Experte schlüpft dabei in die Rolle des zukünftigen Benutzers und probiert Schritt für Schritt die Bedienung des Produkts anhand beispielhafter Aufgaben aus. Ziel ist die Protokollierung möglicher Fehlbedienungen, die über eine Revision der Benutzerschnittstelle verhindert werden sollen.

Ein anderes Beispiel ist die Heuristische Evaluation, in der die Übereinstimmung mit bestimmten Usability-Prinzipien geprüft wird, die auch als Heuristiken bezeichnet werden. Diese Prinzipien sind beispielsweise die Sichtbarkeit des Systemstatus, also ein angemessenes Feedback an den Nutzer, was das System gerade macht.

Warum Unternehmen sich für Usability / UX interessieren sollten

Gute Usability wird zwar kaum wahrgenommen, eine schlechte Usability verhindert jedoch, dass ein Produkt oder eine Dienstleistung sich durchsetzt. Stimmt dagegen die User-Experience, resultiert daraus ein Wettbewerbsvorteil. Die dafür aufgewendeten Ressourcen machen sich daher in aller Regel mehr als bezahlt.

Wer sich für die Themen Usability und User Experience interessiert, dem seien jetzt im Herbst zwei Veranstaltungen ans Herz gelegt: Jährlich findet im September die Konferenzreihe "Mensch und Computer" statt und im November in vielen deutschen Städten kostenfrei der "World Usability Day".