Wirtschaft digital Baden-Württemberg
  • KI und VR: Neue Chancen für Kreativschaffende

    MFG-Unitleiterin Angela Frank spricht im Interview über Künstliche Intelligenz und virtuelle Technologien – und verrät, warum Kreativschaffende gut aufgestellt sind für die Zukunft.

    Angela Frank leitet seit 2019 die Unit Kultur- und Kreativwirtschaft der MFG Baden-Württemberg | Bild: MFG Baden-Württemberg

    Dr. Angela Frank leitet seit Februar 2019 die Unit Kultur- und Kreativwirtschaft der MFG Baden-Württemberg. Zuvor war sie bei der Landesanstalt für Kommunikation (LfK) als Stellvertreterin des Präsidenten zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit und die Förderung der privaten Radio- und Fernsehveranstalter im Land. Im Interview mit der MFG-Redaktion spricht sie über die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI), Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) für Kreative.

    KI, VR und AR sind aktuell die großen Trends, die auch die Kreativwirtschaft bewegen. Wie werden sie unseren Alltag künftig beeinflussen?

    Diese Technologien werden eine sehr wichtige Rolle in der digitalisierten Wirtschaft spielen, aber auch in Bereichen wie der Gesundheit, dem Tourismus und besonders in der Filmwirtschaft und der Medienbranche insgesamt. Daten sind der Treibstoff der digitalisierten Welt und werden in der Verknüpfung mit Algorithmen immer stärker die Entwicklung und Fortentwicklung von Angeboten, Produkten und Dienstleistungen beeinflussen. Die Künstliche Intelligenz ermöglicht neue Verfahren, Produktionsprozesse bis hin zu neuen Diagnoseverfahren, bessere Übersetzungsprogramme oder auch die Automatisierung der Texterstellung. Und Virtual und Augmented Reality bieten viel Spielraum für Kreativität, hier können Kreative neue Welten schaffen und die Nutzer*innen darin eintauchen lassen.

    Die MFG fördert mit mehreren Projekten AR- und VR-Anwendungen. Können Sie den Nutzen dieser Technologien veranschaulichen? Welche Unternehmen in Baden-Württemberg setzen sie erfolgreich ein?

    Virtuelle Technologien spielen in mehreren MFG-Programmen eine Rolle. Bei unserem Ideenwettbewerb BW Goes Mobile zum Beispiel ist eines der Anwendungsfelder Innovation VR/AR. Letztes Jahr hat Rehago gewonnen. Das Tübinger Start-up hat ein spielerisches VR-Training für die Reha entwickelt, das Menschen mit halbseitiger Lähmung hilft.

    Im Digital Content Funding (DCF) fördern wir aktuell MEMO von Glam Games aus Stuttgart. Die Augmented-Reality-Anwendung lässt Jugendliche im Museum auf Schatzsuche gehen. Sie entdecken und sammeln für das bloße Auge unsichtbare Objekte in den Ausstellungsstücken, mit denen sie eine eigene Sammlung gestalten und einen Avatar designen können. In der Kunsthalle Mannheim wird man die Anwendung bald ausprobieren können. Wir haben im DCF auch das Projekt Tagfern von der Kohelet 3 GmbH unterstützt, das die unzugänglichen Blautopf-Höhlen für die Öffentlichkeit erschließt. Gerade ist das Spiel "Blautopf VR - Geheimnis der Lau" erschienen, mit dem man das Höhlensystem unter der Schwäbischen Alb digital entdecken kann.

    Ein Beispiel für den Einsatz von VR in der Industrie ist Lightshape. Das Stuttgarter Unternehmen entwickelt Holodecks für die Automobilbranche, also begehbare virtuelle 3D-Umgebungen von Autos, mit deren Hilfe sich das Design neuer Modelle besser beurteilen lässt. Lightshape organisiert auch die XR Expo rund um VR, AR und Mixed Realities, die wir als Partner unterstützen und die gerade in den Wagenhallen in Stuttgart stattgefunden hat. Der Fokus liegt auf professionellen Anwendungen in Industrie, Architektur, Handel, Medizin und Handwerk, hier kann man sich also einen guten Überblick über die Einsatzmöglichkeiten virtueller Technologien verschaffen.

    Welche Fördermöglichkeiten gibt es in diesem Themenfeld für Kreative?

    Unser Digital Content Funding habe ich ja schon erwähnt, es richtet sich explizit an die Entwickler*innen interaktiver Inhalte im Bereich Games, VR und AR. Mithilfe der VR-Offensive des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst haben wir im Förderprogramm DCF über 700.000 Euro im Jahr zur Verfügung, um innovative Projekte aus Baden-Württemberg zu fördern.

    Für Absolvent*innen baden-württembergischer Hochschulen ist auch das Programm VR NOW interessant, das wir zusammen mit dem Animationsinstitut der Filmakademie in Ludwigsburg anbieten. Professionals aus den Bereichen Kunst, Produktion, Informatik und Technologie können ihre Konzepte am Animationsinstitut zu präsentationsfähigen Prototypen weiterentwickeln. Wir unterstützen mit einem unternehmerischen Qualifizierungsprogramm und Teamfunding.

    Die MFG leitet auch das Animation Media Cluster Region Stuttgart, in dem sich baden-württembergische Unternehmen aus dem Bereich visuelle Effekte und Animation zusammengeschlossen haben, um ihre Kapazitäten zu bündeln.

    Ansonsten kann ich jedem nur empfehlen, sich auf Veranstaltungen wie der FMX-Konferenz für Animation, Effekte, Games und immersive Medien zu vernetzen, die immer im Frühjahr im Stuttgarter Haus der Wirtschaft stattfindet. In unserem Akademieprogramm geben wir einen aktuellen Überblick über Networking Events für Kreativschaffende in Baden-Württemberg.

    Wer mit dem Gedanken spielt, sich selbstständig zu machen, sich umzuorientieren, ein Unternehmen zu gründen, zu erweitern oder sich einfach umfassender über Fördermöglichkeiten und Netzwerke im Land zu informieren, ist eingeladen, sich für eine unserer Orientierungsberatungen anzumelden.

    Unter dem Schlagwort "Kreativwirtschaft 4.0" bekam die MFG vom Land Baden-Württemberg den Auftrag, Maßnahmen für die Kreativen zu entwickeln. Wie ist hier der Stand?

    Die MFG Baden-Württemberg hat eine Studie zu diesem Thema in Auftrag gegeben und im Herbst letzten Jahres hierzu ein Strategiepapier im Auftrag der Wirtschaftsministerin erstellt. Wichtige Schwerpunkte sind die Stärkung der Gameswirtschaft und Cross Innovation, also die Zusammenarbeit von Kreativschaffenden und Unternehmen in anderen Bereichen wie der Produktion, den Hightech-Branchen, der Gesundheits- oder Automobilwirtschaft. Aktuell werden zusätzliche Fördermöglichkeiten in diesen Bereichen geprüft.

    Wir haben im Frühjahr ein neues Format initiiert, das einen crossinnovativen Ansatz verfolgt: das MFG Gastspiel. Die Veranstaltungsreihe bringt etablierte Unternehmen, Start-ups und selbstständige Kreative zusammen, die sich zu konkreten Themen und aktuellen Entwicklungen austauschen wollen - vor Ort bei kreativen Unternehmen. Die Gastgeber*innen schauen über den Tellerrand, die Gäste werfen einen Blick hinter die Kulissen. Als nächstes sind wir am 10. Oktober bei der Ludwigsburger Kommunikationsagentur pulsmacher zu Gast, Thema ist "Das neue Heimatgefühl am Arbeitsplatz".

    Welche Herausforderungen haben Kreative im Zusammenhang mit der Digitalisierung?

    Zunächst einmal ähnliche Herausforderungen wir alle anderen auch: Neue Geschäftsmodelle und Vertriebswege sind gefragt, neue Wege zu den Kund*innen. Im digitalen Zeitalter ist es wichtiger als je zuvor, Trends nicht zu verschlafen, um von den Entwicklungen am Markt nicht überrascht zu werden. Gleichzeitig sind manche Hypes auch mit Vorsicht zu genießen und schnell wieder vorbei. Wie man auf dem Weg zum digitalen Geschäftsmodell die Orientierung nicht verliert, haben wir im EU-Projekt DIGITRANS untersucht und können jetzt eine Lernplattform mit umfassenden Materialien zur Verfügung stellen.

    Für Kreative ist das Thema geistiges Eigentum und Urheberrecht eine größere Herausforderung, hier ist gerade einiges im Umbruch. Die Musikindustrie hat vorgemacht, wie man mit neuen Konzepten wie Streamingdiensten erfolgreich sein kann - und wie grundlegend solche Entwicklungen die Branche umkrempeln. Aktuell ist vor allem im Medienbereich, sei es Film, Presse oder Buch, ein Umdenken gefragt, neue Modelle werden entwickelt und dringend gebraucht. Wir tragen dazu einen kleinen Teil mit der Ideentanke bei, einem jährlichen Wettbewerb, mit dem wir kreative Lösungen für die Zukunft des Buchmarkts suchen. Die fünf besten Projekte nehmen wir im Oktober mit auf die Frankfurter Buchmesse und präsentieren sie am Baden-Württemberg-Stand.

    Was können andere Branchen in diesem Zusammenhang von der Kreativwirtschaft lernen?

    Insgesamt ist eine flexible Haltung wichtig, Spaß am Testen und Ausprobieren, was sicherlich viele Kreative mitbringen. Wenn es darum geht, Bestehendes zu hinterfragen, Dinge neu zu denken und auch schnell umzusetzen, ist die Kreativwirtschaft mit ihren vielen kreativen Köpfen, Querdenker*innen und kleineren Unternehmen im Vorteil gegenüber sich langsam bewegenden Branchen mit starreren Strukturen. Von der flexiblen Geisteshaltung und der Experimentierfreude der Kreativen können andere Branchen auf jeden Fall lernen und profitieren. Womit wir wieder beim Thema Cross Innovation wären...

    Kreativschaffende sind gut aufgestellt für eine Zukunft, in der Kreativität mehr und mehr zur entscheidenden Ressource wird, für eine Wissensgesellschaft, deren Wertschöpfung auf Einfallsreichtum und Ideenvielfalt basiert.


    Interview: Ines Goldberg

    Quelle: MFG

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