November 2020


Richtig genutzt und verwertet sind Daten eine vielversprechende neue Einnahmequelle besonders für mittelständische Unternehmen.  Denn je digitaler Wertschöpfungsketten werden, desto wichtiger wird die Ressource, auf der diese Wertschöpfung beruht: Daten. Deren wirtschaftliche Verwertung, die Datenmonetarisierung, hat besonders für produzierende Gewerbe Potenzial: Durch digitale Dienstleistungen könnte etwa der Umsatz im Maschinenbau jährlich um bis zu 32 Prozent wachsen, prognostiziert eine Studie des VDMA in Kooperation mit der Bosten Consulting Group. Entsprechend ist zu erwarten, dass sich klassische Maschinenbauer in Dienstleistungsanbieter verwandeln, um neue Einnahmequellen zu erschließen und sich Wettbewerbsvorteile zu verschaffen.

Auf dem Werbemarkt ist der Datenhandel bereits fest etabliert. Daten werden dort etwa genutzt, um vorherzusagen, wer für welche Botschaften in welchen Medien und zu welcher Zeit erreichbar ist. Die Streuverluste beim Einsatz von Werbeetats lassen sich dadurch minimieren. Und gleichzeitig wächst die Effizienz, da Zielgruppen schärfer definiert und genauer angesprochen werden können.

Externe und interne Datenmonetarisierung

Der Wert von Daten hängt immer von ihrer Nutzung ab. Daher wird die Datenmonetarisierung nicht allein durch die zunehmende Verbreitung der Datenverarbeitung in Unternehmen (Stichwort: Industrie 4.0) vorangetrieben, sondern fußt auch auf den Fortschritten der Künstlichen Intelligenz (KI). KI-Methoden wie Maschinelles Lernen oder Deep Learning ermöglichen es, große Datenmengen zu verarbeiten und so zu reduzieren, dass sie möglichst effizient genutzt werden können. Daten werden durch den Einsatz von KI zu smarten Daten, mit deren Hilfe dann neue Angebote, neue Produkte oder auch ein neuer Kundenkreis und damit mehr Umsatz gewonnen werden kann.

Der Wert von Daten kann sowohl intern im Unternehmen als auch extern generiert werden. Die interne Datenmonetarisierung zielt darauf ab, unternehmenseigene Prozesse wie z. B. das Marketing, die Customer Experience oder auch die Wartung von Maschinen zu verbessern. Die Daten werden intern also vor allem genutzt, um Einsparpotenziale zu identifizieren und die Produktivität durch Prozessoptimierungen zu steigern. Da die Monetarisierung der Daten dabei nur indirekt über die erzielten Effekte der Datennutzung erfolgt, wird auch von indirekter Datenmonetarisierung gesprochen.

Möglich ist aber auch eine direkte Monetarisierung von Daten, etwa durch den Verkauf von aufbereiteten Daten oder Rohdaten an andere Unternehmen, was auch als externe Datenmonetarisierung bezeichnet wird. Um eine solche handelt es sich ebenfalls, wenn aus Daten gewonnene Insights wie Markt- oder Produktanalysen oder Prognosen als Dienstleistung verkauft werden. Ferner besteht die Möglichkeit, sich auf die Analyse von Daten zu spezialisieren und auf dieser Grundlage Lösungen für bessere oder neuere Produkte und Dienstleistungen anzubieten. Damit eröffnen sich für die externe Datenmonetarisierung im Grundsatz drei unterschiedliche Geschäftsmodelle.

Geschäftsmodelle der externen Datenmonetarisierung

  • Pure Producer oder „Data as a Product“: Ein Unternehmen generiert Daten und verkauft diese roh oder bereits aufbereitet an Dritte. Beispielsweise lassen sich im produzierenden Gewerbe Daten über Produktionsmaschinen sammeln, die an Maschinenentwickler verkauft oder gegen entsprechende Vergütungen getauscht werden, damit diese ihr Angebot verbessern oder erneuern können. Ein anderes Beispiel sind Einzelhändler, die Daten über das Kaufverhalten ihrer Kundschaft sammeln und diese dann an Unternehmen verkaufen, die damit dann neue Marketingstrategien entwickeln.
  • Service-providing producer bzw. „Insight as a Service“: In diesem Geschäftsmodell werden Daten genutzt, um Prozesse zu analysieren und auf dieser Grundlage zu optimieren. Da es bei der Analyse von Daten immer auch auf das Know-how im jeweiligen Fachgebiet ankommt, eröffnen sich hier mitunter gute Chancen für Mittelständler. Um das Geschäftsmodell nutzen zu können, müssen jedoch meist auch zusätzliche, externe Daten beschafft werden. Die Komplexität dieses Modell ist daher höher als beim Pure-Producer-Modell.
  • Solution-Provider bzw. „Data enabled Products“: Dieses Geschäftsmodell ist das komplexeste. Hier werden die Daten genutzt, um neue Produkte oder Dienstleistungen anzubieten. Diese werden als Lösungen oft in die Wertschöpfungskette des Kunden integriert. Ein gutes Beispiel dafür ist das Service-Angebot von vorausschauender Wartung (Predictive Maintenance), bei denen der Dienstleister relevante Anlagendaten nutzt, um vorherzusagen, wann bestimmte Teile der Anlage gewartet werden müssen. Meist übernimmt der Anbieter neben der Datenaufbereitung und -analyse dann auch den Wartungsservice, bietet also eine Rundum-Lösung für spezifische Aufgaben an.

Herausforderungen

In der aufsteigenden Komplexität der Geschäftsmodelle zeigt sich bereits, dass erst einige Hürden genommen werden müssen, um Daten zu monetarisieren. Eine Grundlage dafür ist die sogenannte Data Literacy, also die Fähigkeit von Menschen, Institutionen sowie Unternehmen, Daten zu sammeln, zu bewerten, anzuwenden sowie beim Datenmanagement so verantwortungsvoll, kritisch und souverän vorzugehen, dass Mehrwerte entstehen und Schäden vermieden werden

Standardisierung

Im produzierenden Gewerbe müssen beispielsweise oft erst noch die Voraussetzungen für die Datenerzeugung an Produktionsanlagen geschaffen werden. Das scheiterte bislang oft an fehlenden Standards für Schnittstellen. Mit OPC-UA etabliert sich derzeit jedoch ein moderner und leistungsfähiger Kommunikationsstandard im produzierenden Gewerbe. OPC-UA bietet vernetzte Informationsmodelle und erlaubt eine ereignisgesteuerte Kommunikation zwischen Servern und Clients. Das Fraunhofer IOSB in Karlsruhe ist Corporate Member der OPC Foundation, setzt OPC-UA in Forschungs- und Entwicklungsprojekten ein und bietet entsprechende Workshops und Beratungsleistungen an.

 

Fachkräftemangel

Eine weitere Herausforderung ist die Qualität der generierten Daten. Diese sind stets im Kontext zu bewerten, was sowohl fachliches Know-how als auch einen sicheren Umgang mit Daten voraussetzt. Hier macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar. Die Auswahl an ausgebildeten Data-Scientists und KI-Fachleuten ist schlicht zu gering, als dass auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) alle Stellen besetzen könnten. In Zukunft könnten Plattformen hier ausgleichende Angebote schaffen. So entwickelt beispielsweise das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BWWi) im Rahmen des KI-Wettbewerbs geförderte Projekt IIP-Ecosphere derzeit ein plattformgetriebenes Ökosystem, das mittelständische Produktionsunternehmen mit entsprechenden Dienstleistern, Verbänden und Forschungseinrichtungen vernetzt.

Data Sharing

Die wohl größte Hürde stellt das Data Sharing, das Teilen von Daten, an sich dar. Produktionsdaten sind sensible Daten, da in ihnen potenziell Informationen über entscheidende Wettbewerbsvorteile enthalten sind. Darüber hinaus lassen sich beim Teilen von Daten entlang der Wertschöpfungskette mögliche Fehler vorgelagerter Akteure erkennen. Für die meisten Unternehmen ist das Teilen von Daten damit undenkbar. Es müssen also Wege gefunden werden, um diese Logik zu durchbrechen.
Ein neutraler vertrauenswürdiger Broker als zentrale Instanz könnte Bestandteil einer solchen Lösung sein. Es stellt sich zudem die Frage, wie sich Datensouveränität durch Infrastruktur und technische Lösungen sicherstellen lässt. An dieser Stelle setzt GAIA-X an, dessen föderalistischer Ansatz mit seinen verteilten Strukturen einen Beitrag zum Abbau von Misstrauen liefern kann. Zudem darf das Teilen von Daten nicht als Einbahnstraße verstanden werden. Wer Daten teilt, erwartet selbstverständlich eine Gegenleistung mit einem angemessenen Mehrwert. Hier sind Geschäftsmodelle gefragt, deren Wertversprechen nicht mehr rein produktbezogen sind.

 

Unterstützung für den Mittelstand

Unternehmen, die entsprechende serviceorientierte Geschäftsmodelle entwickeln möchten, finden Unterstützung beim Fraunhofer IPA in Stuttgart. Die vom baden-württembergischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau geförderte Transferplattform Baden-Württemberg Industrie 4.0 – TPBW I4.0 unterstützt ebenfalls vor allem KMU rund um Fragen zu und die Entwicklung von Data Mining, Datensicherheit oder digitalen Geschäftsmodellen.