Wirtschaft digital Baden-Württemberg
  • Künstliche Intelligenz und Digitalisierung im Fokus des 3. Wirtschaftsgipfels 2019 in Brüssel

    Über wichtige Zukunftstechnologien und notwendige Weichenstellungen diskutierten heute (21. Januar) über 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf dem Wirtschaftsgipfel „Baden-Württemberg und die EU“ in Brüssel. „Das große Interesse zeigt, wie wichtig der direkte wirtschaftspolitische Austausch zwischen Baden-Württemberg und der Europäischen Union ist“, sagte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut anlässlich der Veranstaltung. Die Ministerin, die den jährlich staatfindenden Gipfel 2017 ins Leben gerufen hat, wurde in diesem Jahr krankheitsbedingt durch Staatssekretärin Katrin Schütz vertreten.

    Im Fokus des diesjährigen Gipfels standen die Künstliche Intelligenz und die Wettbewerbsfähigkeit Europas, der bevorstehende Brexit sowie Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Mittelstandspolitik. Ministerin Hoffmeister-Kraut richtete klare Forderungen an die EU: „Europa muss die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft richtig stellen: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz sind die virtuellen Schlüssel für den realen Wohlstand von morgen. Wenn Europa seine Wettbewerbsfähigkeit langfristig sichern will, brauchen wir eine KI-Strategie made in Europe.“ Dabei sei es wichtig, dass die EU insbesondere „Geschäftsmodelle in diesem Bereich nicht durch überbordende Regulierung und bürokratischen Aufwand“ ausbremse.

    Auf dem heutigen Programm standen auch Gespräche mit EU-Kommissar Oettinger und obersten Vertreterinnen und Vertretern der EU-Kommission sowie des EU-Parlaments in Brüssel. Mit Blick auf den Automobilsektor wurde für Technologieoffenheit statt einseitiger Fokussierung auf die Elektromobilität geworben. Diese Schlüsselbranche sei in einem tiefgreifenden Transformationsprozess und dabei weiterhin Innovationstreiber für ganz Europa. Die aktuellen CO2-Vorgaben seien aus diesem Grund zu ambitioniert und beinhalteten die Gefahr einer Überforderung der Branche.

    Zudem sprach sich Hoffmeister-Kraut für den Baden-Württemberg als Standort einer europäischen Batteriezellenfertigung aus: „Ein exzellenter Mix aus Hochschulen, Forschungsinstituten und Unternehmen in Baden-Württemberg arbeiten mit Hochdruck an Lösungen für die Batteriezelle der Zukunft. Dieses Potential könnte als Fundament für eine europäische Batteriezellenproduktion dienen.“

    Als äußerst positiv bezeichnete Hoffmeister-Kraut die Rolle der EU im weltweiten Handel. Bei Abkommen und Handelskonflikten könne die Marktmacht der gemeinsamen EU helfen. Kritisch äußerte sie sich hingegen zu zentralistischen Tendenzen: „Viele Vorschläge der EU zielen oft zuerst auf stärkere Transfers zwischen den Mitgliedsländern – das ist nicht der richtige Weg. Wir brauchen ein Europa, das seine Stärke aus der Kraft jedes einzelnen Landes zieht und keines, das durch Verteilungskämpfe gespalten wird.“ Gerade vor der anstehenden Europawahl sollten die wirtschaftspolitisch positiven Wirkungen der EU verdeutlicht werden, ohne die Notwendigkeit der Weiterentwicklung zu vernachlässigen.

    So zeigte sich Hoffmeister-Kraut auch über die Ungewissheit in Sachen Brexit und die Einheit der EU besorgt: „Im Sinne der Unternehmen und unserer wirtschaftlichen Zusammenarbeit benötigen wir beim Brexit schnellstmöglich Planungssicherheit. Baden-Württemberg hat sich immer für einen Verbleib Großbritanniens in der EU ausgesprochen. Bevor wir nun aber auf den Worst-Case eines ungeordneten Austritts ohne Abkommen zusteuern, plädiere ich für eine Verschiebung des Austrittszeitpunks um einige Monate“, so Hoffmeister-Kraut. „Wir brauchen eine Einigung zur Übergangsphase. Außerdem müssen die zukünftigen Handelsbeziehungen über den Austritt hinaus weiter konkretisiert werden.“ So fordert die Ministerin einen weiterhin möglichst unkomplizierten Marktzugang im Vereinigten Königreich: „Ein weitreichendes Freihandelsabkommen sollte die Einführung von Zöllen verhindern, die Waren- und Dienstleistungsmärkte öffnen und auch zukünftig Entsendungen von Personal möglichst unbürokratisch zulassen“, betonte sie. Zudem sei eine Einigung auf einen gemeinsamen regulatorischen Rahmen zwingend erforderlich.

    Zum Wirtschaftsgipfel 2019 reiste eine ca. 60-köpfige Delegation aus Baden-Württemberg nach Brüssel. Darunter befanden sich unter anderem Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Verbänden, des baden-württembergischen Industrie- und Handelskammertags, des Handwerkstags, des Sparkassen-, des Genossenschafts- und des Bankenverbands. Die Ministerin hob aus diesem Anlass hervor, wie wichtig ihr eine gemeinsame Schlagkraft sei: „Wir müssen unsere Anliegen bei wichtigen EU-Gesetzgebungsprozessen bereits in einem frühen Stadium in Brüssel einbringen.“

    Wolfgang Grenke, Präsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertags: „Baden-Württemberg verfügt über sehr gute Voraussetzungen, um ein Taktgeber für den digitalen Wandel auch im Bereich KI zu sein. Dazu müssen jedoch die Fördermöglichkeiten ausgeschöpft werden, um im Wettbewerb mit China und den USA zu bestehen. Bereits heute betonen viele Start-ups, dass ohne KI und Datenanalyse der wirtschaftliche Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit des Landes bedroht seien – es gilt also, hier jetzt Tempo zu machen.“

    Rainer Reichhold, Präsident des Baden-Württembergischen Handwerkstags (BWHT): „Wegen der besonderen Bedeutung eines freien EU-Binnenmarkts tritt der Handwerkstag seit langem für offene Märkte in Europa ein. Nun verändern Digitalisierung und datenbasierte Geschäftsmodelle zunehmend die Wertschöpfungsketten. Vor allem kleine und mittlere Unternehmen dürfen hier nicht benachteiligt werden. Deshalb muss auf EU-Ebene schnell ein KMU-freundlicher Rechtsrahmen geschaffen werden. Dieser muss lokalen KMU und Handwerksbetrieben einen diskriminierungsfreien Zugang zu marktrelevanten Daten gewährleisten. Nur so kann das Entstehen von monopolistischen Strukturen verhindert werden.“

    Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV): „Im globalisierten und digitalisierten Wirtschaftsumfeld müssen gerade kleine und mittlere Unternehmungen Kooperationen eingehen, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Die Gründung einer Genossenschaft bietet die Möglichkeit der Zusammenarbeit, ohne die jeweilige Selbstständigkeit aufzugeben. In den Bereichen Open Innovation, Share Economy und Plattformökonomie liegen Potenziale für die Rechts- und Unternehmensform der Genossenschaft. Und unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken sind verlässliche Kreditgeber für den Mittelstand. Deshalb begrüßen wir eine Small Banking Box im EU-Bankenaufsichtsrecht.“

    Dr. Wolfgang Kuhn, Vorsitzender des Bankenverbandes Baden-Württemberg e. V.: „Das Bankwesen steht zweifelsohne vor einem Umbruch. Um in Zukunft nicht von der Entwicklung in Drittstaaten abgehängt zu werden, braucht es einen europaweit einheitlichen digitalen Binnenmarkt, dessen Größe international wettbewerbsfähige paneuropäische Unternehmen hervorbringen kann. Dazu müssen neue Regeln von Anfang an auf europäischer Ebene entwickelt werden. Schließlich kennen digitale Anwendungen keine Landesgrenzen. Gegenwärtig fehlt es häufig an europaweiten Impulsen und einheitlichen Regeln für neue Technologien. Dabei gilt: Neue Regeln und Standards dürfen den europäischen Markt nicht fragmentieren. Zugleich müssen sie nicht nur europaweit einheitlich, sondern auch technologieneutral sein, um damit an den schnellen Wandel der Produkte und Technologien angepasst werden zu können.“

    Dr. Joachim Herrmann, der Verbandsgeschäftsführer des Sparkassenverbands, lobte den Wirtschaftsgipfel: „Die Veranstaltung ist für uns eine gute Plattform, um mit Verantwortlichen aus der Europapolitik und der EU-Kommission zu diskutieren.“ Die Sparkassen nutzen die Zeit in Brüssel, um für den Erhalt der Einlagensicherung zu werben sowie für eine stärkere Differenzierung bei der Regulierung der Banken und Sparkassen. „Deshalb begrüßen wir die Schaffung einer Small Banking Box in den europäischen Vorgaben für die Bankenaufsicht, die kleinere Kreditinstitute vor allem bei Melde- und Dokumentationspflichten entlasten soll“, so Dr. Herrmann.

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