Digitale Zukunft

Ausbildung für den anhaltenden digitalen Wandel und nachhaltige Fachkräftesicherung

Digitaler Laptop mit Buch gehalten von Händen
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September 2025


Der Fachkräftemangel beschäftigt weiterhin Entscheider in den Unternehmen und die Diskussion in der Öffentlichkeit. Klar ist, dass der Mangel an qualifiziertem Fachpersonal nicht flächendeckend ist, sondern sich auf sehr spezialisierte fachliche Stellen konzentriert. Die Digitalisierung ist weiterhin Treiber vieler Bedarfe auf dem Arbeitsmarkt. Die praxisorientierten Ausbildungskonzepte in Baden-Württemberg zeigen, welche Chancen für (künftige) Arbeitsnehmer und vor kleine Unternehmen entstehen. 

Neue digitale Berufe

Der digitale Wandel hat in den letzten Jahrzehnten eine Vielzahl neuer Berufsbilder hervorgebracht. Besonders sichtbar wird das in der IT- und Datenwelt: Data Scientists und Data Analysts sind entstanden, um die wachsenden Datenmengen auszuwerten und nutzbar zu machen, während Cloud Engineers und Cloud Architects dafür sorgen, dass Unternehmen ihre Infrastrukturen in die Cloud verlagern können. Auch der Bereich der künstlichen Intelligenz hat neue Rollen geschaffen, etwa KI-Trainer oder Prompt Engineers, die Systeme entwickeln, trainieren und steuern. Parallel dazu ist die Cybersicherheit zu einem eigenen Berufsfeld geworden, da Unternehmen wie auch Privatpersonen immer stärker auf digitalen Schutz angewiesen sind.


Die Plattform- und App-Ökonomie hat weitere neue Felder hervorgebracht. App-Entwickler und Mobile Developer konzentrieren sich auf Programme für Smartphones, während UX- und UI-Designer sich auf die Benutzererfahrung und Gestaltung von Interfaces spezialisiert haben. Im Handel hat sich der Beruf des E-Commerce-Managers etabliert, der digitale Verkaufsplattformen aufbaut und betreut.


Darüber hinaus haben sich viele Schnittstellenberufe entwickelt, die klassische Branchen mit digitalen Lösungen verbinden. Dazu gehören etwa Digital-Health-Spezialisten oder Telemedizin-Koordinatoren im Gesundheitswesen, Smart-Home- und IoT-Experten im Bereich vernetzter Technologien oder auch Digital Learning Designer, die neue Formen des E-Learnings entwickeln. Ein vergleichsweise junges Feld sind Sustainability Data Analysts, die ökologische Fragestellungen mit digitaler Datenanalyse verknüpfen.


Schließlich sind auch in der kreativen und zukunftsorientierten Wirtschaft ganz neue Tätigkeiten entstanden. Virtual- und Augmented-Reality-Designer sowie -Entwickler gestalten immersive Erlebnisse, Game Designer und eSports Manager arbeiten in einer expandierenden Spieleindustrie, und durch Blockchain-Technologien sind Expertinnen und Experten für NFTs und digitale Assets gefragt.
 

Schwerpunkte der Digitalisierung in Baden-Württemberg

Baden-Württemberg legt einen klaren Schwerpunkt auf die Digitalisierung öffentlicher Verwaltung, Bildung, Gesundheit, Verkehr, Forschung und lokale Digitalisierung. Dabei zeigt sich ein konsequenter Ansatz, Technologie, Infrastruktur und Kompetenzförderung miteinander zu verknüpfen.


Bereits flächendeckend eingeführt wurde die E-Akte BW, die elektronische Aktenführung in der Landesverwaltung. Seit Juli 2024 wird sie produktiv genutzt und stellt einen zentralen Baustein der Verwaltungsmodernisierung dar Wikipedia. Parallel dazu setzt das Land auf die konsequente Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, um Verwaltungsleistungen über die Plattform service-bw digital verfügbar zu machen.


Ein weiterer Mosaikstein ist die Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW), die seit 2022 existiert. Sie stellt Beratungen zu IT-Sicherheit, ISMS und Notfallplänen bereit – sowohl für Behörden als auch Kommunen und Hochschulen – und betreibt das CERT BWL für Meldepflichten und Cyber-Incident-Management.


Im Gesundheitsbereich investiert das Land über fünf Millionen Euro in verbesserte digitale Gesundheitskompetenz – etwa via DigitalHealth-Bus, Showrooms und Fortbildung von Multiplikator:innen im Gesundheitswesen Baden-Württemberg.de. Zudem wird mit der bwHealthCloud und dem ZPM-Verbund (Zentren für Personalisierte Medizin) eine cloudbasierte Infrastruktur aufgebaut, um datengetriebene Therapien zu fördern.


Im Forschungsbereich nimmt Baden-Württemberg mit dem Innovationspark Künstliche Intelligenz (IPAI) in Heilbronn eine Vorreiterrolle ein. Der Campus, der KI-Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft vereinen soll, startet 2025 mit dem Bau. An Bord sind namhafte Partner wie Porsche, Audi, Telekom und Aleph Alpha.


Schließlich fördert das Land lebenslanges Lernen – etwa über die Weiterbildungsoffensive, die eine zentrale Plattform („südwissen.de“) und Weiterbildungslotsen geschaffen hat, um Unternehmensbedarf und Hochschulangebote zu verknüpfen Baden-Württemberg.de – sowie spezielle Angebote wie die Digital Business School an der HfWU, die digitale Geschäftsmodelle, KI, agile Organisation und digitale Transformation als Inhalte berufsbegleitend vermittelt.
 

Fachkräfte und Ausbildungsansatz

Baden-Württemberg benötigt für seine Digitalisierungsstrategie vor allem Fachkräfte, die Verwaltung, Wirtschaft, Forschung und Gesellschaft gleichermaßen unterstützen können. Besonders gefragt sind IT-Expertinnen und -Experten für die Einführung digitaler Verwaltungsprozesse und die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, ebenso wie Spezialisten für Cybersicherheit. Auch Datenwissenschaftler und KI-Fachkräfte spielen eine zentrale Rolle, etwa in Projekten zur Gesundheitsforschung, Mobilität oder im Innovationspark Künstliche Intelligenz. Im Bildungswesen braucht es Pädagoginnen und Bildungstechnologen, die digitale Lernplattformen und neue Unterrichtsformate umsetzen können. Hinzu kommen Fachkräfte für digitale Gesundheit, Mobilitätsanalysen sowie Managerinnen und Manager, die Unternehmen bei der digitalen Transformation, bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und beim Aufbau agiler Strukturen begleiten. Im Einzelnen zählen dazu u. a.:

  • IT-Expert:innen und Verwaltungstechniker:innen mit Kenntnissen in E-Akte, digitaler Verwaltung, Service-bw, OZG-Umsetzung und IT-Projektmanagement.
  • Cybersecurity-Spezialisten, die ISMS, Notfallpläne, BSI-Grundschutz und Incident-Response umsetzen können.
  • Digitalisierungsbeauftragte auf kommunaler Ebene (Digitallots:innen), die Strategien begleiten, Mitarbeitende schulen und Projekte steuern.
  • Bildungstechnolog:innen und Fortbildner:innen, welche die digitalen Tools SCHULE@BW, Robotik im Unterricht, KI-Einsatz sowie die Plattform-Lösungen für Schulen und Hochschulen implementieren und lehren können.
  • Datenwissenschaftler:innen und KI-Fachkräfte für Projekte wie bwJupyter, bwHealthCloud, ZPM, Mobility Data Space und KI-Anwendungen in Mobilität oder Verwaltung.


In Baden-Württemberg gibt es eine ganze Reihe von Ausbildungskonzepten, die auf den digitalen Wandel reagieren und unterschiedliche Zielgruppen ansprechen. Auf der Ebene der beruflichen Ausbildung sind Programme entstanden, die klassische IT-Berufe mit Praxisanteilen verbinden und so einen frühen Einstieg in die digitale Arbeitswelt ermöglichen. Daneben werden im Rahmen von „Ausbildung 4.0“ neue Lernumgebungen geschaffen, in denen Auszubildende den Umgang mit vernetzten Produktionsprozessen, Smart-Home-Technologien oder digitalen Lernsystemen erproben können.


Darüber hinaus bieten Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen berufsbegleitende Studiengänge und Zertifikatsprogramme an, die Themen wie digitale Transformation, digitales Management, Online-Marketing oder den Einsatz von Künstlicher Intelligenz abdecken. Auf diese Weise werden nicht nur junge Menschen, sondern auch Fachkräfte in Unternehmen gezielt auf neue Anforderungen vorbereitet.


Insgesamt zeigt sich, dass das Land auf ein breites Spektrum setzt: von digital erweiterten Berufsausbildungen über schulische und hochschulische Angebote bis hin zu lebenslangem Lernen für Erwachsene, damit möglichst viele Menschen von den Chancen der Digitalisierung profitieren können.
 

Innovative Ausbildungsangebote von kleinen Unternehmen

Kleine Unternehmen haben es oft schwerer als große Konzerne, weil sie weniger Sichtbarkeit und manchmal auch weniger Ressourcen für Ausbildung und Nachwuchsgewinnung haben. Gleichzeitig können sie mit gezielten Strategien sehr attraktive Ausbildungsplätze im IT-Bereich schaffen. Einige zentrale Ansatzpunkte:


1. Qualität der Ausbildung sichern
Auch kleine Betriebe können eine hochwertige Ausbildung bieten, wenn sie gezielt Strukturen schaffen. Dazu gehört ein klarer Ausbildungsplan, der systematisch auf die Prüfungsinhalte vorbereitet, kombiniert mit praxisnahen Projekten im Betrieb. Da kleine Firmen oft nicht das gesamte Spektrum abdecken können, ist es sinnvoll, Kooperationen mit Berufsschulen, überbetrieblichen Ausbildungsstätten oder auch anderen Unternehmen einzugehen, um fehlende Inhalte abzudecken.


2. Persönliche Betreuung und kurze Wege
Ein großer Vorteil kleiner Unternehmen ist die Nähe zu Ausbildern und Kollegen. Individuelle Betreuung, direkte Kommunikation und die Möglichkeit, schnell Verantwortung zu übernehmen, sind für viele Auszubildende sehr attraktiv. Wer das aktiv hervorhebt, hebt sich von anonymen Großbetrieben ab.


3. Moderne Technologien und praxisnahe Projekte
Gerade in der IT erwarten Bewerber, dass sie mit aktuellen Technologien arbeiten können. Kleine Firmen sollten daher darauf achten, moderne Tools einzusetzen – etwa agile Methoden, Cloud-Lösungen oder aktuelle Programmiersprachen – und Auszubildende frühzeitig in echte Kundenprojekte einzubinden. Das vermittelt Relevanz und Praxisnähe.


4. Weiterbildung und Entwicklungsperspektiven
Viele junge Menschen achten darauf, wie es nach der Ausbildung weitergeht. Kleine Betriebe können punkten, wenn sie Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten – sei es durch Online-Kurse, Zertifikate oder die Chance, nach der Ausbildung übernommen zu werden und sich zu spezialisieren.


5. Attraktivität als Arbeitgeber zeigen
Um gute Bewerber zu gewinnen, sollten kleine Unternehmen sichtbar machen, was sie einzigartig macht: flexible Strukturen, familiäre Atmosphäre, abwechslungsreiche Aufgaben, flache Hierarchien. Auch Benefits wie flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Optionen oder Beteiligung an innovativen Projekten können interessant sein.


6. Gezieltes Ausbildungsmarketing
Da kleine Unternehmen weniger bekannt sind, lohnt es sich, auf regionalen Ausbildungsmessen präsent zu sein, mit Berufsschulen zusammenzuarbeiten oder Social Media zu nutzen, um Einblicke in den Ausbildungsalltag zu geben. Authentische Azubi-Interviews oder kurze Videos können dabei besonders wirken.


7. Kooperationen und Netzwerke nutzen
Über Ausbildungsverbünde, Innungen oder regionale Digital-Hubs können kleine Firmen zusätzliche Angebote bereitstellen und gleichzeitig an Sichtbarkeit gewinnen. Gemeinsame Azubi-Camps, Hackathons oder digitale Projekte schaffen Mehrwert und erhöhen die Attraktivität.