Wie gut neue digitale Dienste wie etwa Smart-Home-, Smart-Health- oder Smart-Mobility-Anwendungen in den alltäglichen Gebrauch finden, hängt vor allem von psychologischen Faktoren ab. Wie wir in Akzeptanz innovativer digitaler Dienste – Teil 1 gezeigt haben, entscheiden eine gute Usability („Praktikabilität“) und User Experience (UX, die „Nutzungserfahrung“) wesentlich darüber mit, ob und wie gut eine digitale Innovation von den Menschen angenommen oder eher abgelehnt wird. Doch wie stellt sich dieses Akzeptanzverhalten in Zahlen dar?  

In einer bevölkerungsrepräsentativen Studie hat das Institut für Innovation und Technik im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstmals über 2.100 Deutsche zu Ihrem Nutzungsverhalten befragt (Bogenstahl et al. 2021). Die Ergebnisse zeigen: Tatsächlich nutzen nur zwei von drei Deutschen digitale Dienste und die wenigsten davon häufig oder besonders häufig. Wenn sie digitale Dienste nutzen, dann im Regelfall via Smartphone (91 Prozent). Aber auch Notebooks (69 Prozent) und Desktop-PC (45 Prozent) sind oft genutzte Zugänge. Intensiv genutzt werden digitale Dienste auf der Arbeit und für Mobilitätszwecke. Digitale Wohn- und Gesundheitsanwendungen haben bislang keinen vergleichbar großen Durchsatz. (Bogenstahl et al. 2021) 

Das erwarten die Deutschen bei digitalen Diensten: Must-have-, Should-have und Nice-to-have-Features

Bogenstahl et al. 2021 konnten in ihrer Studie zu datenbasierten innovativen digitalen Diensten (Smart Services) in den vier zentralen Anwendungsbereichen Arbeit, Leben, Wohnen und Gesundheit herausarbeiten, worauf Nutzer:innen in Deutschland (hohen) Wert legen – und worauf weniger:  

Must-have-Faktoren (“Muss-Features”. Sie entscheiden darüber, ob digitale Dienste überhaupt genutzt werden): 

1. örtliche und zeitliche Flexibilität in der Nutzbarkeit 
2. Datensicherheit 
3. Nutzungsfreundlichkeit 
4. Nutzungseffizienz sowie Zeitersparnis 

Should-have-Faktoren („Soll-Features“. Sie haben hinsichtlich der Nutzung, Akzeptanz und Verbreitung von digitalen Diensten Differenzierungspotenzial): 

5. Intuitive Bedienungsmöglichkeit 
6. Handlungskontrolle 
7. Vertrauen in die Anbieter 
8. Leistung des digitalen Dienstes 
9. Alltagstauglichkeit 
10. Anpassungsfähigkeit 
11. Spaß bei der Nutzung 

 Nice-to-have-Faktoren („Kann-Features“, die weder grundsätzlich notwendig für die Nutzung sind, noch die Akzeptanz erhöhen):  

12.Technischer Support 
13. Fehler selbst korrigieren können 

Interesse an, Nutzung von und Zufriedenheit mit Digitalen Diensten: Status Quo in Deutschland 

Ausgehend vom Zugang zu digitalen Diensten über deren Nutzung, Zufriedenheit bis hin zu den Akzeptanzfaktoren stellt sich für die vier zentralen Anwendungsbereiche folgendes Bild dar: 

 

Abb.: Vergleich Interesse, Nutzung, Zufriedenheit und Bedeutung von Akzeptanzfaktoren für digitale Dienste nach Anwendungsbereichen Quelle: Bogenstahl et al. 2021

Was Innovatorinnen und Innovatoren beachten müssen – und wann 

Ausgehend von den bevölkerungsrepräsentativen Akzeptanzdaten haben Bogenstahl et al. 2021 eine Systematik entwickelt, wie Innovatorinnen und Innovatoren mit den identifizierten Anforderungen umgehen können. Dazu haben sie die Faktoren für Nutzung und Akzeptanz von digitalen Diensten hierarchisiert und mit Blick auf die üblichen Prozessstrukturen für Forschung und Entwicklung zu datenbasierten Diensten zeitlich eingeordnet. 

Hier wird unmittelbar nachvollziehbar, dass im Innovationsprojekt die technischen und nicht-technischen Grundlagen angelegt bzw. geschaffen werden müssen, um die genannten Anforderungen zu erfüllen bzw. Faktoren zu adressieren. Die hierarchische Ordnung der Faktoren verdeutlicht, dass die einzelnen Faktoren dabei einerseits zu unterschiedlichen Zeitpunkten bzw. auch über den Nutzungslebenszyklus des digitalen Dienstes hinweg zu berücksichtigen sind. Betrachten wir die Anforderungen einzeln genauer:  

  • Datensicherheit (und im Übrigen auch Spaß) ist eine Anforderung und ein Handlungsbereich, der durch die Anbieter digitaler Dienste sehr früh in der Entwicklung des digitalen Dienstes angegangen und später kontinuierlich sichergestellt bzw. bearbeitet werden muss, um einen Durchsatz am Markt zu erreichen. 

  • Nutzungsfreundlichkeit ist ebenfalls früh anzugehen, jedoch eine Anforderung, die mit der Marktintegration mit frühen Nutzerinnen und Nutzern (oft auch noch Testkunden) erprobt werden sollte. Danach muss die Nutzungsfreundlichkeit stabil gegeben und hoch sein, um die Lösung weiter im Markt zu diffundieren. So – wenn auch im kürzeren Zeitraum zu lösen – verhält es sich auch mit den Anforderungen an Aufwand, Kontrolle, Konfigurierbarkeit und Zeitersparnis. 

  • Intuitivät ist wiederum ein Faktor, der über die Zeit stark veränderlich sein kann und deshalb begleitend nachgebessert werden muss, will man den digitalen Dienst am Markt halten. Hier ist insbesondere auch das Auftreten von Wettbewerbsprodukten bzw. -diensten relevant, um die Bedienbarkeit auf dem aktuellen Stand der Nutzungsgewohnheiten zu halten. 

  • Die Anforderungen an die Leistung des digitalen Dienstes sind bereits im Entwicklungsprozess vollständig zu klären und technisch sicherzustellen.  

  • Alltagsintegration und Selbstkorrekturmöglichkeiten hängen stark mit der Nutzungsfreundlichkeit zusammen, sind jedoch zwei Anforderungen, die erst im Zusammenspiel mit frühen Nutzerinnen und Nutzern (bzw. Testkunden) wirklich ausgetestet werden können und sollten. 

  • Support wiederum ist logischerweise erst mit dem Rollout des digitalen Dienstes faktisch auszuprägen und sollte sich auch über einen längeren Zeitraum ziehen. 

In Baden-Württemberg bietet das Kompetenzzentrum Smart Services Anlaufstellen zu Smart Services. Hier können sich kleine und mittlere Unternehmen über neue digitale Technologien im Dienstleistungsbereich informieren und verschiedene Maßnahmen für die Entwicklung neuer Ideen und innovativer Dienstleistungen in Anspruch nehmen.