Noch immer ist das Schlagwort Big Data weniger stark mit klein- und mittelständigen Unternehmen assoziiert. Spionage- und Datenskandale des letzten Jahrzehnts haben Big Data vor allem ins Verhältnis zu multinationalen Konzernen wie Google, Facebook (heute Meta) und Co. gesetzt. Doch Big Data hat sich in den letzten Jahren zunehmend ausdifferenziert. Denn die mit der Digitalisierung einhergehende Implementierung digitaler Werkzeuge, digitaler Verfahren und digitaler Technologien in allen Bereichen der Gesellschaft lässt fortlaufend mehr Daten anfallen, die sich zu Big Data zusammenfügen und KI-gestützte und auf maschinellem Lernen basierende Analysemethoden und -verfahren spezialisieren.

Von Big zu Bigger Data

Big Data ist ein Datenkomplex, der durch Daten in unterschiedlichsten Kontexten anfällt. Big Data schließt unterschiedlichste Formen von Daten ein, darunter beispielsweise unstrukturierte Film-, Bild-, Video-, Tondateien, semistrukturierte Daten, die in Form von Datenvisualisierungen ausgewertet werden und strukturierte Daten in Form von Tabellen, Karten, Listen. 

Generiert wird Big Data durch die Zusammenkunft von unterschiedlichsten Daten. Diese entstammen Systemen, die meist in großen Unternehmen eingesetzt werden, wie etwa:  

  • Enterprise Resource Planning (ERP) 

  • Customer Relationship Management (CRM) 

  • Supply Chain Management (SCM) und anderen systematisierten Formen der Erfassung von Daten in Bezug auf Produktions-, Distributions- und Verkaufsprozesse 

  • der Kommunikation via Sozialer Netzwerke wie Meta, Twitter, Youtube oder WeChat 

  • den ständigen Einsatz mobiler Endgeräte wobei vor allem auch jene Mobiltelefone – für eine globale Betrachtung des Datenkomplexes Big Data – maßgeblich sind, die Menschen in Ländern des Globalen Südens den einzigen Zugang zum Internet und World Wide Web sichern 

  • das IoT (das Internet der Dinge) wodurch mittels sensorgestützten Ökosysteme Dinge untereinander und mit Menschen kommunizieren 

  • durch offene Daten zu Wetter, Verkehr, durch das Bereitstellen von Karten im Open Source Format  

Die Corona-Pandemie hat zudem dazu geführt, dass virtuelle Kommunikationsformen via Videokonferenzen oder digitale Anwendungen wie Gesundheits-Apps heute fest in unseren Alltag gehören. Durch die feste Verankerung all dieser datenproduzierenden Geräte und Dienstleistungen fallen immer mehr Daten in unterschiedlichen Formaten an. Wissenschaftler:innen sprechen daher bereits von der Zukunft von Big Data: Bigger Data. Mehr noch als Big Data stellt Bigger Data viel dringlicher die Frage danach, wie aus der im Rahmen von Big Data produzierten Masse an Daten überhaupt Wissen generiert werden kann.  

Diese Frage fordert von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik eine intensive Auseinandersetzung mit Big-Data-Analyseverfahren. Welche neuen Konzepte und Herangehensweisen hier bereits erprobt werden, um von Big Data zu “Smart Data” zu kommen, zeigt sich vor allem auch im Bereich KMU.  

 

Big Data meint nicht nur riesige Datenmengen

Big Data betrifft die Frage, wie aus Daten Wert gemacht wird. Wie eine von DELL Technologies in Auftrag gegebene Studie 2021 zeigt, liegt die größte Herausforderung im Bereich Big Data darin, aus den Datenmengen überhaupt wirtschaftlich nutzbaren (Daten-)Wert zu erzeugen. Daher ist der Einsatz von Auswertungs-, Analyse-. Visualisierungs- und Interpretationsverfahren immer wichtiger geworden. Zumal auch immer mehr KMU große Mengen an Daten über interne und externe Unternehmensprozesse haben. Somit wächst die Nachfrage nach und Bedeutung von Big-Data-Analyseverfahren, IoT-Analytics, Datasharing-Praktiken und dem Einsatz von Fachkräften wie Data Scientists und Big Data Engineers auch im Mittelstanddeutlich. 

Das in Stuttgart seit 2011 ansässige Unternehmen SICOS BW GmbH hat sich dieser Aufgabe für Baden-Württemberg angenommen. Es hat sich auf den Einsatz von Big Data-Analyseverfahren und den Gebrauch von KI-Methoden in KMU spezialisiert. SICOS BW GmbH wurde vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Universität Stuttgart gegründet, um auch KMU den Zugang zu Simulationstechnologien und Höchstleistungsrechnungssystemen zu ermöglichen und auf diese Weise den Transformationsprozess von Big in Smart Data zu unterstützen.  

Um die Wettbewerbsfähigkeit von in Baden-Württemberg ansässigen KMU durch den Einsatz von Datenanalysen zu stärken, arbeitet SICOS BW GmbH eng mit dem Smart Data Solution Center Baden-Württemberg (https://www.sdsc-bw.de/) zusammen. Für die bessere Implementierung von Big-Data-Analyseverfahren und Tools in KMU bietet sdsc-bw unter anderem Potenzialanalysen an, vermittelt Partnernetzwerke und Weiterbildungsformate, berät bei der Beantragung von Förderprojekten und Beispielanalysen oder erstellt individuelle Angebote. 

 

Wie können und möchten KMU in Zukunft Entscheidungen treffen?

Ein Hauptaugenmerk für KMU liegt gegenwärtig in der Bereitstellung und Vertiefung von Kompetenzen über den Einsatz von Big-Data-Analysen und deren Nutzen bei Mitarbeiter:innen. Vor diesem Hintergrund dient sdcs-bw als ideales Beispiel, weil hier vor allem der Kompetenzaustausch im Fokus steht und auf Vernetzungsaktivitäten zwischen Anbietern und potenziellen Partner aus Wirtschaft und Forschung hinzugewirkt wird. 

Da es zahlreiche Datenanalysepraktiken gibt, die auf Basis von Künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, kognitivem Computing oder dem Einsatz neuronaler Netzwerke funktionieren, wird zudem deutlich, dass Big Data vor allem auch eine Transformation eingeleitet hat: Es verändert maßgeblich die Art und Weise, wie Entscheidungen in Unternehmen getroffen werden. Das bedeutet auch, dass die Basis für diese Entscheidungen viel komplexer und diffiziler, da datengetriebener und also auch technologie-, kompetenz- und analyseintensiver geworden ist.  

Werden Big-Data-Analyseverfahren in Alltag, Prozesse und Strategie von KMU integriert, ändert sich die Art und Weise, wie KMU überhaupt Wissen produzieren, Informationen bewerten und schlussendlich auf Basis dieser Informationen Entscheidungen treffen und vertreten.  Und das in jeglicher Hinsicht – also in Bezug auf Partner, Dienstleister, Auftraggeber, mögliche Investor:innen und die eigene Kundschaft. 

Die Vorteile dieser auf Big Data basierenden Form der Entscheidungsfindung sind zahlreich: Mehrwert verspricht Big Data im Bereich der Ressourcenplanung, Beschleunigung von Entscheidungsprozessen, Umsatzsteigerung und der Entwicklung neuartiger, innovationsträchtiger und zukunftsfähiger Geschäftsmodelle. Der Einsatz der Datenanalyseverfahren führt darüber hinaus zu positiven Kumulationseffekten. So erhöhten die Analysen vor allem transparentere Entscheidungsfindungsprozesse, wodurch sowohl Zusammenhänge als auch positive oder negative Abhängigkeiten inner- und außerhalb der Unternehmen eruiert werden können.  

Big-Data-as-a-Service als Gegenwart von Big Data

Ein bemerkenswerter Trend im Feld Big Data und KMU ist gegenwärtig die Nutzung von As-a-Service-Modellen (aaS-Modelle) - und konkret der Einsatz von Big-Data-as-a-Service-Plattformen und -Diensten. Viele Unternehmen greifen deshalb auf sie zurück, weil die Verarbeitung von Daten hohe Speicherkapazitäten benötigt und die Aufbewahrung von Daten kosten- sowie infrastrukturintensiv ist. Da bei vier Fünfteln aller Unternehmen diese Kapazitäten nicht vorhanden und keine passenden Rechen- und Datenzentren verfügbar sind, lagern immer mehr Firmen die Speicherung und Verarbeitung sowie Analyse ihrer Daten an aaS-Modelle aus.  

Zu diesem Ergebnis kommt auch die im Mai 2022 veröffentlichte Studie „Big Data – Big Chance für klein- und mittelständische Unternehmen“. Sie bestätigt zwar, dass die Potenziale von Big Data vor allem in Unternehmen mit mehr als 500 Angestellten genutzt werden, zeigt jedoch auch, dass die Anwendung von Big-Data-as-a-Service für 76 Prozent der befragten KMU die Analyse der vorliegenden Daten in einem ersten Schritt überhaupt verbessert. Ohne also selbst alle erforderlichen Kapazitäten und Ressourcen für die Verarbeitung (inkl. Speicherung, Klassifizierung und Formatierung, Berechnung, Analyse sowie Bewertung durch Interpretation) der aufbringen zu müssen, können KMU Big Data dank a-a-S-Angeboten für sich nutzen. 

Der Wechsel zu Big-Data-as-a-Service-Modellen ist darüber hinaus mit der Idee verbunden, die Agilität, Skalierbarkeit und Effizienz der Unternehmungen zu erhöhen. Die Auslagerung der Analysekapazitäten auch zur Verbesserung der Datenqualität geht dabei jedoch mit der Feststellung einher, dass mehr für die Entwicklung von Datenkompetenzen aller Mitarbeitenden getan werden muss. Erst wenn der Fokus auf der Know-How-Bildung aller Beteiligten liegt, können die Ergebnisse von Multi-Cloud und As-a-Service-Modellen auch in Bezug auf die jeweiligen Kontexte und Umfelder der KMU abgestimmt und angewandt werden.  

Geschäftsmann berührt einen Laptop. Verwalten der globalen Struktur. Digitale Vernetzung und Datenaustausch am Arbeitsplatz.

Differenzierte Datenanalyseverfahren, die KMU gerecht werden

Auf der Agenda der nächsten Jahre steht so betrachtet neben der Integration von Advanced-Analytics-Denkweisen, von Datenanalysen für Zwecke der Nachhaltigkeit und die vollumfängliche Produktivmachung von Metadatenanalysen weiterhin die Erhöhung der Datenkompetenz bei allen Mitarbeiter:innen im Unternehmen.  

In Bezug auf Big Data gilt es etwa, die in KMU generierten Datensätze im Kontext umfassenderer Logiken bei der Auswertung von Daten zu reflektieren und konkret die Sinnhaftig- und Passfähigkeit der angewandten Analyseverfahren bewerten zu lernen. Erforderlich sind datenkompetente Arbeits-, Technik-, Verwaltungs-, Marketing- und Managementleistungen- Ein Ziel, das nicht ohne die weitere Ausdifferenzierung der bislang angewendeten Analyseverfahren, -techniken und -methoden möglich sein wird.  

Zumal Big Data eben auch viele unterschiedliche Daten umfasst, gilt es insbesondere herauszufinden, ob die bereitgestellten Anwendungen auch wirklich zu den Anwendungsfällen passen. Da weiterhin bekannt ist, dass Entscheidungen sowohl Grundpfeiler für Erfolg, Wachstum und Innovation als auch Faktor für Risiko und Unsicherheit sind, gilt es für KMU, Entscheidungsfindungsparameter zu monitoren und zu überprüfen, inwiefern Big Data die Entscheidungsgrundlagen verbessern und sie zukunftsorientierter, kostengünstiger, transparenter, hierarchiefreier, diskriminierungsärmer, nachvollziehbarer oder faktenbasierter zu gestalten.