Montags im Büro, dienstags im Homeoffice, am Mittwoch und Donnerstag wieder im Büro und am Freitag an der Ostsee arbeiten, bis dann am Nachmittag das verlängerte Wochenende beginnen darf. Was vor Corona für viele unmöglich schien, ist auf einmal Realität geworden. 

Einer der Bereiche, der sich durch Corona in sehr kurzer Zeit einem Innovationsschub ausgesetzt sah, ist ohne Zweifel die Organisation der Arbeit. Gab es schon vor der Coronakrise in vielen Unternehmen die Möglichkeit, mobil zu arbeiten, wurde dies während der Pandemie im Dienstleistungsbereich neue Normalität. 

In einer Studie des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e.V. (DGFP) gaben 71,2 Prozent der befragten Führungskräfte an, dass sie nach der Coronapandemie mehr mobiles Arbeiten zulassen werden. In einer repräsentativen Befragung des ZEW in der Informationswirtschaft und dem verarbeitenden Gewerbe zeigte sich, dass viele Unternehmen mobiles Arbeiten auch nach Corona weiterhin unterstützen. 

In der jetzt eingetretenen post-pandemischen Phase, stellen sich für alle Beteiligten in den Unternehmen neue Herausforderungen. Denn eine dauerhafte Rückkehr aller Mitarbeitenden ins Büro über alle Arbeitstage hinweg zeichnet sich nicht ab. Die Zukunft der Arbeit wird stattdessen ein Zusammenspiel aus der Arbeit im Büro und mobilem Arbeiten und damit hybrid sein. In der Praxis bedeutet das, dass sich gleichzeitig Personen an einem zentralen Ort befinden und andere zeitweilig über digitale Medien hinzugeschaltet werden. 

In der digitalen Ökonomie ist der Trend schon lange angekommen. Das Angebot reicht von auf den hybriden Arbeitsalltag zugeschnittenen Laptops über Software für remote Arbeiten bis hin zu Unternehmensberatungen, die bei der Transformation zu helfen versprechen. Es gibt aber auch Stimmen, die von hybriden Arbeiten nicht viel halten. So fordert zum Beispiel Elon Musk, der Chef des Autobauers Tesla, von allen Mitarbeitenden, dass sie ihre gesamte Arbeitszeit wieder im Büro verbringen sollen. Ist hybrides Arbeiten also das „neue Normal“ oder doch schon wieder ein Auslaufmodell? Das hängt von den Chancen und Gefahren dieser noch relativ neuen Arbeitsform ab. 

Die Chance: Flexible Mitarbeitende, flexible Arbeit

Gerade im Dienstleistungsbereich hat sich das hybride Arbeiten zum neuen Standard entwickelt. Dafür gibt es viele Gründe. Die neue Arbeitsform bietet Möglichkeiten der Kostenreduktion, der Bindung von Mitarbeitern und höhere Flexibilität. 

Arbeiten weniger Mitarbeitende in Präsenz, wird beispielsweise auch weniger Bürofläche benötigt. Kostenersparnis ergibt sich auch bei Meetings, die sich bei Bedarf auch kurzfristig planen und durchführen lassen, da Wegzeiten wegfallen und sich die Beteiligten per Streaming austauschen können. Ersetzen Online-Meeting externe Termin, werden zudem Reisekosten eingespart.  

Neben diesen Kostenersparnissen gelten die hohen Zustimmungsraten der Mitarbeitenden als zentrales Argument für hybrides Arbeiten, wie mehrere Studien zeigen: So bewerten zum Beispiel 61,9 Prozent der Befragten in einer Homeoffice-Umfrage des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Informationstechnik FIT die Arbeit im Homeoffice positiv. Ähnliche Ergebnisse liefern auch zwei Studien aus dem Jahr 2020. Danach arbeiten 65 Prozent der Befragten lieber im Homeoffice und 56 Prozent sind der Meinung, im Homeoffice produktiver zu sein. In einer internationalen Studie aus dem Jahr 2022 der Unternehmensberatung Accenture wünschen sich sogar 83 Prozent der Befragten eine hybride Arbeitsweise. 

Es ist der große Vorteil hybrider Arbeitsplatzkonzepte, dass sie die Möglichkeit für alle Mitarbeitenden eines Unternehmens bieten, genau die Arbeitsorganisation zu wählen, die zu ihrer momentanen Situation am besten passt. Nicht dauerhaft stationär oder mobil, sondern an die jeweilige Situation angepasst. Im Idealfall führt das zu zufriedeneren Mitarbeitern, die Arbeit, Familie und Leben besser miteinander in Einklang bringen können, da Fahrzeiten ins Büro an Homeofficetagen entfallen und Arbeitszeiten individueller gestaltbar sind. Neue hybriden Arbeitsformen können daher dazu beitragen, Arbeitskräfte an ein Unternehmen zu binden oder neue zu finden, weil sie weniger vorschreiben, wie genau die Arbeit durchgeführt werden soll.  

Auch seine hohe Flexibilität spricht für das hybride Arbeitsmodell. Je nach Situation und Bedarf können Präsenztage reduziert oder umgekehrt erhöht werden. Zudem besteht die Möglichkeit, sich virtuell mit Mitarbeitenden oder Kundinnen und Kunden auf der ganzen Welt auszutauschen. Immer angepasst an das Unternehmen, die Beteiligten und die jeweilige Arbeitssituation. 

Die Gefahr: Hoher Aufwand, wenig Teamgeist

Ein Umstieg auf eine vollständig hybride Arbeitsumgebung birgt jedoch auch Gefahren. Ein wenig scheint es so, dass sich die gleichen Probleme und Herausforderungen, die der breite Einsatz dezentral organisierter Arbeit zu Beginn der Pandemie mit sich brachte, sich in der jetzigen Phase wiederholen: Als die Firmen im Lockdown aufgefordert waren, möglichst dezentrale Arbeitsprozesse zu schaffen, um Kontakte zu minimieren, mussten schnell eine umfassende digitale Infrastruktur und darauf abgestimmte Arbeitsprozesse geschaffen werden. Mit hybridem Arbeiten stellen sich ähnliche Fragen wie die nach der passenden Technik, Arbeitsstruktur und -organisation. Jetzt gilt es nicht nur, mobiles Arbeiten zu organisieren, sondern das Zusammenspiel von Anwesenden und Abwesenden, von Face-to-Face Kommunikation und digitaler Kommunikation zu bewältigen und den korrekten Umgang mit Anwesenheitspflichten und frei gewählten Arbeitsweisen zu finden. 

Hybrides Arbeiten muss Lösungen finden, wie Menschen zugleich vor Ort und virtuell miteinander in Kontakt treten − und das ist nicht ohne weiteres zu realisieren. Denn es gilt, Personen über unterschiedliche Medien miteinander gleichberechtigt in Kontakt treten zu lassen. Zu bedenken ist auch, dass sich das hybride Modell auf die Unternehmensorganisation auswirkt. Besonders mobiles Arbeiten macht es schwieriger, ein Gemeinschaftsgefühl als ein Team entstehen zu lassen und gemeinsam zu arbeiten.  

Hybride Arbeitsorganisation kann gegen die Vereinzelung der Belegschaft etwas tun, weil sie den direkten Kontakt der vor Ort Arbeitenden stärken kann. Je flexibler das Arbeitsmodell ist, desto unregelmäßiger und unverbindlicher werden Treffen zwischen Personen. Mitarbeitende, die häufig mobil arbeiten, können Probleme bekommen, an den kommunikativen und sozialen Netzwerken, der vor Ort Arbeitenden, teilzuhaben. Die Aufmerksamkeit konzentriert sich schnell auf die, die in Präsenz anwesend sind. In hybriden Kontexten den „sozialen Kit“ zu gewährleisten, ist weiterhin schwierig und aufwendig. Gerade in Druckphasen, bei der Bewältigung von Problemen oder der gegenseitigen Hilfe, können hybride Arbeitswelten an ihre Grenzen stoßen. 

Hybrides Arbeiten bedingt einen hohen Steuerungsaufwand. Informationen, wer wann woran arbeitet, die Kontrolle dieser Prozesse und deren Pflege sind aufwendig: Flexibilität in der Arbeitsorganisation bedingt die Notwendigkeit, Arbeitsprozesse zu koordinieren. Hinzu kommt der Aufwand, Daten, die im mobilen Kontext genutzt werden, datenschutzrechtlich zu sichern. 

Komplexe Arbeitsprozesse, die hohen organisatorischen Aufwand bedingen und die Problematik kontinuierlich wechselnder Anwesender im Büro kann das Problem der fehlenden Kreativität, die schon beim rein mobilen Arbeiten zu beobachten war, auch in hybriden Konstellationen fortführen. Innovationen und Ideen benötigen Freiräume, die durch Arbeitskonstellationen, die digital bestimmt sind, oft nicht gegeben oder zumindest schwieriger herzustellen sind. Die Flexibilität des hybriden Arbeitens führt zu hohem Steuerungsaufwand und der Notwendigkeit, den sozialen Zusammenhalt aller Mitarbeitenden zu ermöglichen und zu organisieren. 

Personen mit Laptops sitzen am Tisch und besprechen sich.

Die Herausforderung der Hybridität: Reorganisation der Arbeit und Neuerfindung des Büros

Jedes Unternehmen ist anders und hat andere Voraussetzungen und Bedingungen, aus denen sich ableiten lässt, ob und wie hybride Arbeitsmodelle ausgestaltet werden sollten. Wenn hybrides Arbeiten die neue Normalität darstellt, dann muss Zeit in die Planung, Gestaltung und Umsetzung dieser mittlerweile nicht mehr ganz neuen Arbeitsweise fließen.  

Mit der richtigen Analyse und Planung ist es möglich das passende Modell für den jeweiligen Betrieb zu finden und die dazu passende Hard- und Software auszuwählen. Wenn hybrides Arbeiten als Chance der Reorganisation der Arbeitsprozesse betrachtet wird und Flexibilisierung der Arbeitsweise nicht nur als zu lösendes Problem erscheint, können alle Mitarbeitende im Betrieb profitieren. 

Oft konzentriert sich die Aufmerksamkeit beim hybriden Arbeiten auf die dezentrale Arbeitsstruktur und das Homeoffice. Das stellt eine Verengung der Perspektive dar. Solange die allermeisten Prozesse in Präsenz abliefen, musste nicht unbedingt definiert werden, was die Arbeitsstätte eigentlich sein sollte. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass es möglich ist, fast ganz ohne zentrale Büros auszukommen. Wenn jetzt dauerhaft in ein hybrides Modell gewechselt wird, dann stellt sich die Frage, wozu zentrale Orte, in denen sich die Mitarbeitenden in Präsenz treffen, genutzt werden sollen. 

Die Antwort hängt vom Unternehmen und gewählten Hybrid-Modell ab. Klar ist aber, dass das hybride Arbeiten auch hier die Chance bietet, neue Wege auszuprobieren. Soll das Büro wieder das klassische Zentrum werden, in dem die meisten Mitarbeitenden sich während der Arbeitszeit aufhalten oder soll das Büro mehr ein Ort der Kommunikation und des Treffens sein, um den sozialen Zusammenhalt zu stärken und die Kreativität zu fördern? Oder könnte das Büro zu einem hybriden, flexiblen Ort sich wandeln, der sich an die jeweiligen Arbeitsanforderungen und -konstellationen anpasst? Wenn man solche Fragen stellt und beantwortet, dann versteht man hybrides Arbeiten als Chance, die Arbeitsweise neu zu erfinden.