Im Urlaub interessante Orte in der Nähe finden oder beim Einkaufsbummel aktuelle Angebote von naheliegenden Geschäften angezeigt bekommen: Möglich machen dies „Location-based Services“ (LBS), also standortbezogene Dienste. Sie liefern Nutzerinnen und Nutzern Informationen und Leistungen basierend darauf, wo diese sich gerade befinden. Unternehmen aus dem Einzelhandel, der Gastronomie, dem Tourismus und der Industrie versprechen sich davon mehr Umsatz – doch wie profitieren die Nutzer und wie steht es dabei um das Thema Datenschutz?
Lokalisierung mithilfe verschiedener Technologien
Die technische Grundlage für LBS sind Technologien, welche die Lokalisierung von mobilen Endgeräten wie Smartphones oder Tablets ermöglichen. Dazu zählt beispielsweise GPS (Global Positioning System) aber auch das Mobilfunknetz, WLAN oder Bluetooth können zur Ermittlung des Standorts der Nutzer verwendet werden. Die verschiedenen Technologien unterscheiden sich dabei vor allem hinsichtlich ihrer Genauigkeit und Verfügbarkeit: Während sich Bluetooth oder WLAN besonders gut innerhalb von Gebäuden wie zum Beispiel Flughäfen oder auf Messegeländen funktionieren, ist die Ortung per Mobilfunknetz und GPS vor allem für den Außeneinsatz geeignet.
Genutzt werden die Services meist über digitale Plattformen und Apps. Bekannte Plattformen und LBS-Anbieter sind beispielsweise Kartendienste wie Google Maps oder standortbasierte Empfehlungsdienste wie Foursquare, Yelp, TripAdvisor und Facebook Places. Das mit Abstand verbreitetste Endgerät ist dabei das Smartphone, aber auch Tablets, Laptops oder sogar Autos können infrage kommen. So nutzen mittlerweile immer mehr Autofahrerinnen und -fahrer Dienste für die Suche nach dem nächsten freien Parkplatz oder zur Information über Sperrungen, Staus oder Umleitungen auf der Route.
Handel, Tourismus, Industrie: LBS schafft vielfältige Anwendungsfelder
Die Nutzung von Positionsdaten eröffnet eine Vielzahl an Anwendungsmöglichkeiten in vielen verschiedenen Bereichen: Von der Mobilitätsbranche über den Tourismus, die Gastronomie und den stationären Einzelhandel bis hin zur Industrie. Ziel der Unternehmen über alle Branchen hinweg ist es, den Kunden möglichst auf sie zugeschnittene Angebote und Betreuung auf Basis ihres aktuellen Standortes zukommen zu lassen – um auf diese Weise sowohl deren Zufriedenheit als auch den Umsatz zu steigern.
Beispielsweise kann ein Bekleidungsgeschäft Ladenbesucherinnen und -besuchern per Meldungen auf das Smartphone über Rabatte oder Sonderangebote informieren. Oder Möbelhändler können potenziellen Käufern Gutscheine oder Coupons zusenden, sobald diese das Geschäft betreten. Im Bereich Tourismus wiederum können Reisende per App über spezielle Angebote oder Transportmöglichkeiten im Zielland benachrichtigt werden.
In der Industrie stehen bei der Nutzung von LBS weniger die Endkunden und mehr die eigenen Betriebsprozesse und Mitarbeiter im Fokus. Mithilfe von Bluetooth und WLAN kann zum Beispiel der Standort mobiler Arbeitsgeräte, Container und Paletten geortet werden, wenn sie für Produktionsprozesse benötigt werden. Oder das Wartungspersonal kann zielgenau zu defekten Maschinen navigiert werden. In der Logistik können LBS-Lösungen zur Verbesserung von Lagerungsprozessen eingesetzt werden. Mithilfe von Positionsdaten werden dafür sogenannte „Heat Maps“ erstellt, mit denen sich Laufwege von Mitarbeitern und die Positionen von Gütern analysieren lassen. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen können die Wege für die Entnahme wichtiger Lagerbestandteile optimiert und die Produktion oder der Vertrieb eines Unternehmens effizienter gestaltet werden. Unabdingbar sind genaue Positionsdaten darüber hinaus für den Einsatz autonomer, fahrerloser Transportfahrzeuge, um die Wegfindung zu ermöglichen und Kollisionen zu vermeiden.
Auf LBS-Technologien spezialisiert hat sich in Baden-Württemberg beispielsweise das Unternehmen blukii, ein Geschäftsfeld der Schneider Schreibgeräte GmbH aus dem Schwarzwald. blukii bietet Bluetooth Low Energy (BLE)-Sensoren und Location-based Services für die Industrie, für den Tourismus und den Handel an und ermöglicht es, Informationen und Sensordaten an einem definierten Ort zur Verfügung zu stellen. Anwendbar ist das System beispielsweise für die Verwertung von Maschinendaten in Produktionsunternehmen, für Informationsangebote im Tourismusbereich oder für Sonderangebote in Geschäften.
Herausforderung Datenschutz
Neben den vielen Möglichkeiten, die sich für Nutzer und Anbieter ergeben, gibt es auch rechtliche Aspekte, die zu beachten sind. Denn durch die Sammlung und Auswertung von standortbezogenen Daten lassen sich unter Umständen Bewegungsprofile von Nutzerinnen und Nutzer erstellen, die Rückschlüsse auf personenbezogene Daten wie etwa Alter, Geschlecht oder Einkommen zulassen. Deshalb unterliegen diese Daten, den vergleichsweise strengen Regelungen der Datenschutzverordnungen wie der EU-DS-GVO.
Der Verwendung von Standortdaten, die über das Mobilfunknetz gesammelt werden, unterliegt zudem dem Telekommunikationsgesetz (TKG), das eine ausdrückliche Einwilligung der Nutzerin oder des Nutzers per Klick erfordert. Anders sieht es hingegen bei der Positionsbestimmung über GPS oder WLAN aus: Hier bewegen sich LBS noch in einer rechtlichen Grauzone. Trotzdem ist es auch hier empfehlenswert die gesammelten und verwendeten Daten zu anonymisieren, um den Schutz der personenbezogenen Informationen und die Privatsphäre der Kundinnen und Kunden zu wahren. Beim Umgang mit den Daten sollten Unternehmen auch höchste Transparenz an den Tag legen, um das Vertrauen der Kundinnen und Kunden nicht zu verspielen.
LBS-Forschung schreitet voran
Um die Technologien in Deutschland zum Erfolg zu führen, ist neben einem wirksamen Datenschutz auch der Mehrwert für die Kunden wichtig. Wenn standortbezogene Dienste einen echten Nutzen bieten, steigt ebenfalls die Akzeptanz seitens der Kundinnen und Kunden. Dies können beispielweise hilfreiche Zusatzservices sein oder aber auch besondere Angebote. Wie genau dies gelingt, erforscht beispielsweise die PFH Private Hochschule Göttingen. Sie untersucht, wie Unternehmen mithilfe von Location-based Marketing ihre Werbebotschaften noch besser übermitteln können und unter welchen Umständen Kundinnen und Kunden am ehesten bereits sind, LBS-basierte Angebote zu akzeptieren.
Um die Bereitschaft zur Nutzung von LBS im baden-württembergischen Einzelhandel zu messen, hat das Branchenbuch Gelben Seiten 2016 gemeinsam mit der Hochschule der Medien Stuttgart den Feldversuch „Digitales Durlach“ unternommen. Etwa 50 Boutiquen, Dienstleister, Bars und Restaurants in dem Karlsruher Stadtteil boten ihren Kunden im Versuchszeitraum Dienste und spezielle Angebote über das Smartphone an. Die Mehrheit der teilnehmenden Unternehmen konnten im Praxistest ihren Umsatz erhöhen und bezeichneten den Test als Erfolg.
Die Vernetzung von örtlichen Geschäften mit ihren Kunden könnte ein Modell für Zukunft sein, um den stationären Handel noch besser für die digitale Zukunft zu rüsten und die Schließung von Ladengeschäften in vielen Innenstädten zu verhindern.