Erneuerbare Energien sind ein Schlüssel bei der Bekämpfung des Klimawandels. Das Problem: Naturbedingt schwankt das Angebot. Intelligente Stromnetze, sogenannte Smart Grids, bieten die Lösung.

Fluktuation als Herausforderung

Um den Klimawandel aufzuhalten, müssen sich zwei Faktoren ändern: die Art der Energieerzeugung und die Art des Energieverbrauchs. Eine tragende Rolle spielen hierbei erneuerbare Energiequellen wie Sonne, Wind, Wasser und Biomasse als Alternative zu fossilen Energieträgern wie Erdöl, Erdgas oder Kohle. Der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung in Deutschland steigt schnell. Bereits 2017 liegt er bei knapp 38 Prozent (Quelle: energy-charts.de). Damit ist das Ziel der Bundesregierung, dass 40 bis 45 Prozent der Energie im Jahr 2025 erneuerbare Quellen ausmachen, heute schon fast erreicht. Dennoch stellt die Umstellung der Energiegewinnung die Stromversorgung bislang vor einige Herausforderungen – sowohl im Netzbetrieb als auch in der Planung.

Eine der Schwierigkeiten sind die Schwankungen im Energieangebot, die bei erneuerbaren Energien auftreten. Während Strom, der von Kohle- oder Atomkraftwerken produziert wird, direkt und kontinuierlich über die Übertragungs- und Verteilernetze zum Endverbraucher fließt, ist die Stromproduktion aus Energiequellen wie Photovoltaik und Windkraft nicht gleichbleibend. Denn je nachdem wie stark der Wind weht oder die Sonne scheint, kann mehr oder weniger Energie erzeugt werden. Diese Wetterabhängigkeit erzeugt Schwankungen im Stromangebot und macht die Stromerzeugung für Produzenten und Netzbetreiber schwieriger planbar.

Ein weiterer Aspekt, der mit der Integration erneuerbarer Energien in das Netz einhergeht und somit die Art und Weise der Stromversorgung maßgeblich verändert, ist die rapide gestiegene Zahl der Energieerzeuger, die sich in den vergangenen Jahren verdoppelt hat. Das Wachstum ist vor allem auf die Zunahme kleinerer Anlagen zurückzuführen. Die stark gestiegene Anzahl an Anbietern bedeutet einen deutlich gesteigerten organisatorischen Aufwand für die Netzbetreiber: Jede dieser Anlagen muss an das Stromnetz angeschlossen und der produzierte Strom in das Netz eingespeist werden. Darüber hinaus muss die Energie, je nachdem wie viel Strom gerade produziert wird, geschickt verteilt beziehungsweise gespeichert werden. Hierfür bedarf es innovativer Speicherlösungen und intelligenter Netze, da das bisherige Stromnetz Schwankungen im Stromangebot noch nicht optimal ausgleichen kann und das Speichern von Strom noch sehr kostenintensiv und aufwändig ist. 

Tendenz zur Dezentralisierung der Stromerzeugung

Des Weiteren ist die Stromproduktion nicht mehr an regionale Zentren gebunden, sondern wird deutlich dezentraler organisiert. Bisher erfolgte die Stromerzeugung in Deutschland vorwiegend auf zentrale Weise: Wenige, große Kraftwerke versorgten also größere Regionen mit Energie. Die Energieerzeugung mit erneuerbaren Quellen hingegen erfolgt durch geographisch zerstreute, eher kleine Anlagen, wie zum Beispiel Windenergieanlagen, Photovoltaikanlagen oder Biogas-Kraftwerke. Sie können zu einer Versorgung mit deutlich kürzeren Wegen beitragen. Andererseits unterscheiden sich Angebot von und Nachfrage nach Energie je nach Region und Zeit, weshalb ein Ausgleich nötig wird, wodurch es bei der Stromversorgung zu Gegenverkehr kommt: Strom, der beispielsweise aus Windenergie im Norden Deutschlands gewonnen wurde, muss Richtung Süden transportiert werden, während Strom, der mit Photovoltaikanlagen in den ländlichen Regionen Baden-Württembergs produziert wurde, von Süden nach Norden gebracht werden muss.

Zukunftsfähige Stromnetze: Smart Grids

Eine Lösung für diese Herausforderungen bieten neben dem Ausbau konventioneller Netze auch neuartige, intelligente Stromnetze, auch Smart Grids genannt. Deren Grundprinzip ist mit einem Nachtspeicherofen vergleichbar, der sich nachts aufheizt, wenn der Stromtarif niedrig ist. Bei den Smart Grids wird dabei Strom nicht zu festen Zeiten entnommen, sondern immer zu dem Zeitpunkt, wenn ein hohes Angebot an erneuerbarem Strom verfügbar ist. Das Smart Grid steuert verschiedene Stromerzeuger, Energiespeicher und Verbraucher und vernetzt sie miteinander. Der innovative Kern liegt hier vor allem in der komplexen intelligenten Steuerung. Das Smart Grid ist in der Lage, die Erzeugung sowie die Verteilung und Speicherung der produzierten Energie zu koordinieren. Dies geschieht über den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowie dezentral organisierten Energiemanagementsystemen zur Koordination der einzelnen Komponenten. Die intelligente Steuerung ermöglicht es nun, den Stromverbrauch zu beobachten. Energieerzeuger können so in Echtzeit Informationen zu den eingespeisten Energiemengen und dem aktuellen Verbrauch erhalten. Dadurch kann die Auslastung des Stromnetzes besser kontrolliert und die Nachfrage flexibel organisiert werden. Dies führt zu einer effizienteren Nutzung und Integration erneuerbarer Energien sowie zu einer insgesamt besseren Netzauslastung.

Aktuelle Forschung: c/sells

Um das volle Potenzial des Konzepts Smart Grid auszunutzen zu können, bedarf es allerdings noch einiger Forschungsarbeit. Ein Projekt, das sich dieser Aufgabe angenommen hat ist c/sells, eines der Schaufenster des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Programms „SINTEG – Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“. In der Modellregion Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz steht die regionale Optimierung von Erzeugung und Verbrauch mit Solarenergie im Fokus. Unter dem Motto „So viel Dezentralität wie möglich, so viel Kopplung wie nötig“ wird in diesem Projekt ein Lösungsweg entwickelt, angesichts der Vielzahl der Stromerzeuger und Stromverbraucher die Regelung des Stromnetzes so stabil wie möglich zu gestalten. c/sells setzt hier auf den regionalen Ausgleich zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch, um die Belastung der Übertragungsnetze zu verringern ohne die Qualität der Stromversorgung zu beeinträchtigen.

Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie unter www.csells.net.