Mit intelligenten Sensoren Produktionsmaschinen einfach und kostengünstig nachrüsten und überwachen


Aktuelle Situation: Intelligente Maschinenüberwachung lohnt sich, ist aber aufwändig – gerade für KMU

Fällt eine Maschine aus, steht im schlechtesten Fall die Produktion still, und das verursacht hohe Folgekosten. Um ein solches Risiko minimieren zu können, müssten produzierende Betriebe den aktuellen Zustand ihrer Anlagen und Maschinen genau kennen. Denn je früher sie sehen, wo sich Fehler oder Verschleiß abzeichnen, desto effizienter können sie mit Wartungen und Instandhaltungen gegensteuern. Große Industriebetriebe überwachen deswegen ihre Maschinenparks zunehmend mit Sensoren und vernetzten Systemen. Die dabei entstehenden großen Datenmengen erfordern hohe Netzwerk- und Rechenkapazitäten, zusätzliche IT-Infrastrukturen und Schnittstellen zu externen Servern für die Datenauswertung. Die Kosten dafür sind für viele kleine und mittlere Unternehmen bisher eine hohe Hürde. Außerdem mangelt es ihnen oft an Mitarbeitern mit der fachlichen Kompetenz, um die erforderliche Software und die vernetzten Produktionssysteme einzurichten. Deswegen benötigen KMU kostengünstige Verfahren zur Zustandsüberwachung, mit denen sie ihre Bestandsanlagen einfach und schnell nachrüsten und zu intelligenten Systemen aufrüsten können.

 


Innovation: Wie hilft KI dabei, das Problem zu lösen?

Ob Vibration, Temperatur oder Bewegung: Sensoren erfassen die unterschiedlichsten Signale von Maschinen und Motoren. Werden diese Informationen richtig ausgewertet, erlauben sie Rückschlüsse auf den Betriebszustand. Doch wie kann das als einfach anzuwendende Nachrüstung gelingen? Die Basis dafür ist eine sogenannte „Retrofit-Box“. Von außen sieht die kleine Box unscheinbar aus, doch in ihrem Inneren steckt jede Menge Technologie, weswegen sie auch als Sensorplattform bezeichnet wird. Neben Sensoren gibt es eine autarke Energieversorgung, die mit Licht und Wärme funktioniert – in der Fachsprache als Energy Harvesting bezeichnet – und eine echtzeitfähige, zugleich energieeffiziente Funktechnologie. Bisher gibt es erst wenige Sensorplattformen auf dem Markt, die zudem für die Fehleranalyse kostenintensive IT-Infrastruktur bzw. eine Cloudanbindung benötigen. Die neuartige Idee der Retrofit-Box besteht darin, Künstliche Intelligenz (KI) direkt in die Sensorplattform zu bringen. Dadurch kann die Box vor Ort Resultate liefern, beispielsweise indem sie eine Warnlampe aktiviert, wenn etwas an einer Anlage nicht reibungslos läuft. Der Vorteil für die Unternehmen: Sie benötigen keine Netzwerkinfrastruktur, denn es müssen keine Daten mehr an einen separaten Computer oder einen externen IT-Anbieter zur Analyse geschickt werden.


Vorgehensweise: Die Sensorbox lernt selbstständig Maschinenzustände zu erkennen

KI macht es möglich, dass eine Sensorplattform selbstlernend unterschiedliche Maschinenzustände identifiziert und Abweichungen von bereits gespeicherten Mustern erkennt. Das funktioniert folgendermaßen: Sensoren messen beispielsweise die Vibrationen, die unterschiedlich hoch sind, je nachdem wie schnell ein Motor läuft. Diese aus Frequenzen bestehende Abfolge zerlegt der Algorithmus in einzelne Teile, um darin exakt ein einziges Muster zu entdecken, das charakteristisch ist für einen bestimmten Motorzustand – in diesem Falle eine hohe Umdrehung. Bekannt ist diese Methode der Frequenzanalyse bereits aus der digitalen Musikerkennung. Auch dort reicht es aus, wenn jemand für wenige Sekunden eine prägnante Stelle aus einem Musikstück summt, und schon weiß der Melodie-Erkennungs-Algorithmus, um welches Lied es sich handelt. Während die Sensorboxen an einer Maschine mitlaufen, erlernen sie die verschiedenen Maschinenzustände. Kommt es später zu Abweichungen von diesen Regelzuständen, warnt die Box, beispielsweise indem eine Lampe aktiviert oder eine SMS ans Wartungspersonal verschickt wird. Zusätzlich können die Nutzer der Box auch noch Fehlerzustände beibringen, etwa indem sie eine Unwucht oder einen Getriebeschaden simulieren.


Ausblick: Branchenübergreifend für jede Sensorkombination geeignet

Wälzlager von Papiermaschinen, Spindel, Fräsen, Kräne oder Fließbänder: Die intelligenten Sensorplattformen sind so universell, dass sie überall im produzierenden Gewerbe eingesetzt werden können, wo Maschinen oder Motoren überwacht werden sollen. Bei der Entwicklung werden die Algorithmen außerdem sehr allgemein gehalten, sodass sie zukünftig auch andere Sensoren, z. B. Magnetfelder zur Stromnetzüberwachung, oder beliebige Kombinationen von Sensoren auswerten können.

Da sich die kompakte Box mühelos an jeder Maschine anbringen lässt, muss nichts verkabelt werden – selbst wenn die Box mit einem Computer vernetzt werden soll, denn die Kommunikation zwischen den Geräten benötigt so wenig Energie, dass sie drahtlos über Funk gelingt. Den minimalen Energiebedarf decken Akkus oder kleine, im Gehäuse enthaltene Solarzellen.


Mehrwert: Rechtzeitig und vorausschauend warten

Die intelligente Sensorplattform erspart Unternehmen Investitionen, da damit auch ältere technische Anlagen überwacht werden können, sodass sie nicht durch neue, mit Sensorik ausgestatteten Maschinen ersetzt werden müssen. Da die Sensorboxen erkennen, wann Verschleißteile ausgetauscht werden müssen, ist eine zustandsbasierte Wartung oder Reparatur möglich. Diese Arbeiten können rechtzeitig und vorrausschauend geplant werden, sodass sie während der regulären Produktionspausen stattfinden. Das spart Kosten und macht produzierende Betriebe krisenfester, weil sich die Gefahr eines ungeplanten Maschinenausfalls minimieren lässt – gerade auch in Zeiten mit hoher Auslastung.


Konsortium: Wer sind die Projektbeteiligten?

  • Karlsruher Institut für Technologie: Der Lehrstuhl für Intelligente Sensor-Aktor-Systeme unter Leitung von Prof. Uwe D. Hanebeck forscht schwerpunktmäßig an Methoden der Künstlichen Intelligenz im Bereich der Signal- und Informationsverarbeitung in Sensornetzwerken.
  • Knowtion UG, Karlsruhe: Der Spezialist für Sensorfusion und maschinelles Lernen bietet ein breites Spektrum an Softwaredienstleistungen, vor allem für besondere Herausforderungen im Bereich der Sensordatenverarbeitung.
  • endiio engineering GmbH, Freiburg: Das 2018 mit dem Start-up-Award des VDMA ausgezeichnete Unternehmen verfügt über viel Know-how im Bereich Ultra-Low-Power-Funktechnologie, Energy Harvesting und nachrüstbaren Sensorlösungen, um damit Papiermaschinen, Antriebe, Transformatoren und Pumpen zu überwachen.